Die Konferenz Design-Zoom beleuchtet die Werte der Zukunft im Designkontext

Erscheinungsdatum: 22.05.2019

Bei der Konferenz Design-Zoom dreht sich alles um die Werte der Zukunft im Designkontext. Sechs Referentinnen und Referenten aus unterschiedlichen Fachgebieten liefern mit ihren Vorträgen Anregungen, wie sich das Bewusstsein einer gesellschaftlichen Verantwortung von Hintergründen wie Globalisierung, Digitalisierung, Ressourcenverknappung und Migration verändern kann. Vor der ausverkauften Konferenz sprechen Prof. Florian Pfeffer, Daniel Kerber, Sylvia Hustedt, Prof. Dr. June H. Park, Stephanie Kurz und Birthe Möller.

Welche Werte sind wichtig – gleich nach der Anmeldung beginnen die Teilnehmenden, sich mit ihren eigenen Werten zu beschäftigen. Sie scharen sich um einen Tisch voller Pappschachteln, in denen neongelbe Aufkleber liegen. Auf einigen steht „Toleranz“, auf anderen „Empathie“, „Gesundheit“ oder „Sicherheit“. Die jeweils wichtigsten Werte werden dann auf einer dafür vorgesehenen Stelle auf das Namensschild geklebt. Während viele zielstrebig in die Schachteln greifen, fällt es anderen nicht leicht, sich auf nur drei Werte zu beschränken. Genau darum geht es beim Design-Zoom 2019 – sich mit solchen Fragen zu beschäftigen: Welche Werte sind in Gestaltungsprozessen essenziell, welche finden zu wenig oder sogar zu viel Beachtung? Und wie soll das in der Zukunft aussehen?

Wie eng Design und Gesellschaft untrennbar miteinander verbunden sind, wird direkt nach der Begrüßung durch Dr. Marc Hudy, Präsident der HAWK, im Vortrag von Prof. Florian Pfeffer klar. Der Kommunikationsdesigner plädiert dafür, dass Gestaltende mehr Verantwortung übernehmen. „In einem Prozess des Wandels gibt es die Rollen von Erfindern, Vermittlern und Verbindern“, erläutert er. Diese Rollen können Designschaffende alle problemlos übernehmen.

Auch Daniel Kerber von der more than shelters GmbH vertritt diese Meinung. Seit einigen Jahren überdenkt er mit seinem Team die Infrastruktur in Flüchtlingscamps, in denen sich die Voraussetzungen vollkommen verändert haben. Waren es noch vor Jahrzehnten zwölf Monate, verbringen Geflüchtete inzwischen durchschnittlich etwa zwölf Jahre in einem Camp. Darum geht es den Mitarbeitenden von more than shelters um mehr als ein Projekt, „es geht um die Gestaltung von Gemeinschaft in Kombination mit systemischem Handeln“, erklärt Kerber. Dazu gehört auch, sich empathisch mit den Betroffenen vor Ort zusammenzusetzen und gemeinsam im Team Lösungen zu erarbeiten.

 

Die Wirtschaftswissenschaftlerin, Unternehmensberaterin und Juristin Sylvia Hustedt vom Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes betont in ihrem Vortrag den Wert „Leidenschaft“. In ihrem Job betreut sie Tag für Tag junge Gründerinnen und Gründer, die fieberhaft an ihren Ideen arbeiten. Vier Projekte davon stellt sie ausführlich vor, zwei stammen aus der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim. „Diese Projekte sind intrinsisch motiviert, das muss unterstützt werden.“

Der Designpädagoge Prof. Dr. June H. Park spricht über die Logik, Ästhetik und Ethik des Designs. Er erzählt, wie das Design immer komplexer wird, dass Designschaffende zukunftsgewandt arbeiten und im Gegensatz zu Naturwissenschaftlern deontische Fragen stellen; also über Dinge reden, die noch gar nicht existieren. „Designschaffende entwerfen jedoch nicht nur Formen, Designschaffende entwerfen Sinn“, stellt er fest.

Ob ihre Arbeit Sinn ergibt, hat sich Stephanie Kurz, Mitbegründerin von Stan Hema, oft selbst gefragt. Irgendwann entschied die Grafikerin, dass sie nicht mehr für jeden arbeiten will. Sie gründete mit drei Partnerinnen und Partnern das Designbüro Stan Hema und zusammen legten sie in einem Manifest die Grundwerte der Agentur fest. Statt für Kunden arbeiten sie nur noch mit Auftraggebern zusammen. Und bevor sie eine gute Idee einfach aufgeben, kämpfen sie noch einmal dafür. Stephanie Kurz sieht Design als strategisches Instrument. Obwohl der Unternehmenserfolg ihrer Auftraggeber auch der Erfolg für Stan Hema ist, möchten sie niemanden erfolgreich machen, der nicht ihren Werten entspricht.

Den finalen Vortrag hält Birthe Möller, die an der HAWK-Fakultät Gestaltung in Hildesheim ihren Master absolviert hat. In ihrer Abschlussarbeit hat sie sich mit den Studieninhalten auseinandergesetzt. Sie hat herausgefunden, dass sich die meisten Studierenden wünschen, dass das Thema „Werte“ und im Besonderen „Verantwortung“ schon früher im Studium eine Rolle spielt. Denn, das sagt Birthe Möller ganz klar, „Design ist mächtig“. Designschaffende tragen immer eine Teilverantwortung, das sollte schon zu Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums vermittelt werden.

Zum Ausklang wird eine interaktive Ausstellung im Raumlabor eröffnet, die sich thematisch passend mit Werten auseinandergesetzt. Absoluter Blickfang ist das großformatige Gemälde auf Leinwand, das in einer Gemeinschaftsarbeit im Studio des Gegenwartkünstlers Jeppe Hein im Rahmen eines Workshops entstanden ist. Alle malten auf eine riesige weiße Leinwand einen vertikalen Pinselstrich, der nur so lang sein durfte, wie die jeweiligen Studierenden ausatmeten. Ein Gespräch über Werte mit dem Künstler bereitete die Studierenden auf die Ausstellung vor, die von der Gruppe zur Konferenz gestaltet wurde.

Der diesjährige Design-Zoom wurde von Studierenden in drei Kursen unter der Leitung von Prof. Dr. Sabine Foraita, Prof. Dominika Hasse und Prof. Christian Mahler von der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim vorbereitet und mit der Unterstützung von Prof. Dr. Stephan Schwingeler durchgeführt.

Fazit

Das Thema Verantwortung zieht sich durch die gesamte Veranstaltung. In Zeiten von Klimawandel und Fridays for Future wird wieder besonders deutlich, dass sich ihr niemand entziehen kann und darf. Auch bei den Teilnehmenden wird die Verantwortung zum wichtigsten Wert gewählt. In absteigender Wichtigkeit folgen Empathie, Freiheit, Nachhaltigkeit, Kreativität, Toleranz, Ästhetik und Transparenz, Gesundheit, Sicherheit. Klar wird auch: Es gibt nicht die richtigen Werte. Aber es ist wichtig, sich schon früh mit den eigenen Werten auseinanderzusetzen und sich des eigenen Einflusses auf die Gesellschaft bewusst zu sein.

Kontakt

Prof. Dr. Sabine Foraita
Designwissenschaft, Dekanin Fakultät Gestaltung
Profil
Kompetenzfeldkoordination Branding Design, Lehrgebiete Corporate Design und Editorial Design; Senatsbeauftragte für Corporate Design
Christian Mahler
Lehrgebiet Motion Design