HAWK-Studierende entwickeln interaktive Sport-App-Ideen

Erscheinungsdatum: 20.03.2018

Den Fitness-Tracker als Armband oder die Smartphone-App, die unsere Körperbewegungen ständig vermisst: Für viele Sporttreibende sind elektronische Helferlein mittlerweile Alltag. Wie die nächste Generation von interaktiven Sport-Apps und -Gadgets aussehen könnte, darüber haben sich Studierende im Kurs „Grundlagen Interaction und Interface Design“ von Prof. Stefan Wölwer an der HAWK-Fakultät Gestaltung in Hildesheim Gedanken gemacht.

Zum Beispiel für die häuslichen Fitnessübungen: Sophie Jusko fragte sich, wie man als Anfänger/in möglichst von Beginn an Bewegungen richtig ausführt. Ist die Körperhaltung falsch oder werden die Bewegungen fehlerhaft gemacht, kann dies mehr schaden als nutzen – wie die Bachelor-Studentin mit Studienschwerpunkt  Digitale Medien auch selber schmerzhaft erlebt hatte: „Ich habe nicht das Geld für ein Fitnessstudio und daher mit Videos aus dem Internet angefangen“, erinnert sie sich. Sie erdachte sich die intelligente Übungsmatte „Gymmat“, mit Sensoren, die die Körperbewegungen erfassen und einem Display, auf dem Nutzer/innen ihr Feedback bekommen. So eine Matte als künstliche/n Trainer/in hätte sie sich im Nachhinein damals gewünscht.

 

Dass die Ideen nicht eins zu eins in die Praxis umgesetzt werden können, war allen Beteiligten klar. Denn im Kurs ging es um die Vermittlung von Grundlagen im Interaction und Interface Design. „Wie interagieren wir mit Technologie und unserer Umwelt – und natürlich auch unseren Freunden“, erklärt Prof. Stefan Wölwer das Ziel des Projektseminars.

Das Thema des Seminars sei von der Ausrichtung her ideal: „Sport betrifft uns alle“, sagt Wölwer. Denn das Thema gebe so manches her: Man könne draussen aber auch in den eigenen vier Wänden Sport treiben. Mit den Ideen seiner Studierenden ist er hochzufrieden. Nicht zuletzt sei der gemeinsame Spaß im Seminar ein wichtiger Grund gewesen, dass so viele unterschiedliche Konzepte sehr weit entwickelt worden seien. Und es sei ihm auch sehr wichtig, nicht nur die Ideen zu einem guten Ergebnis hin zu entwickeln, sondern dass Studierende auf dem Weg dahin viel über interaktive Entwicklung lernen.

Die Teilnehmer/innen, die am Ende des Projektsemesters ihre Konzepte mit einer kleinen Präsentation und Videos vorstellen, haben dabei nicht nur theoretisch geknobelt: Es wird viel mit Virtual-Reality-Brillen ausprobiert und auch experimentell an neuen Arten der Informationsvisualisierung programmiert. Sina Lambrecht und Vivienne Bunk, beide Bachelorstudierende Digitale Medien, haben dabei auch den Griff zu Schraubenzieher und Lötkolben nicht gescheut: Mit einer kleinen, programmierbaren Platine haben sie sich in die Welt der Tast- und Bewegungssensorik und deren Programmierung begeben. Ihr Ziel war, eine Taucherbrille mit interaktivem Display sowie einen Datenhandschuh als funktionierenden Prototypen herzustellen. Der wird nun bei der Präsentation demonstriert. Sie drehen den Handschuh, aus dem viele Kabel hängen – am Bildschirm ist zu sehen, wie der Mikrokontroller auf der Arduino-Platine die Bewegungsdaten ausliest. „Am Handschuh befindet sich ein Geschwindigkeitsmesser“, erläutert Lambrecht den interaktiven Taucherhandschuh. „Die ausgelesenen Daten übertragen wir in ein anderes Programm. Das generiert ein Video, wo man sehen kann, wie sich der Cursor auf dem Interface dreht.“

Beide hatten schon vorher mit der Programmiersprache Processing gearbeitet, nun erweiterten sie ihre Kenntnisse mit dem Arduino-Board.

Auf die Idee kamen Lambrecht und Bunk nach einem Brainstorming - mit Tauchen hatten beide vorher noch keine Erfahrung. Dafür recherchierten sie und befragten Bekannte mit Tauchpraxis. „Es gibt Tauchcomputer, aber die muss man immer wieder vor Augen führen,“ erklären sie die Grundzüge ihrer Sport-App-Idee. Mit einer AR-Tauch-Brille würde es unter Wasser einfacher, die wichtigen Daten wie Sauerstoff und Tiefe im Display zu erkennen. Letztlich sollen ihrer Idee nach auch kontextsensitive Informationen zu Flora und Fauna angezeigt werden können.

Und auch für das Design von Informationsanzeigen wurden neue Wege ausgelotet: Die visuelle Darstellung von individuellem Fortschritt in Fitness-Apps inspirierte Jonas Trippler. Da ihm die herkömmliche Anzeige von sportlichen Leistungen im direkten Vergleich mit anderen App-Nutzern nicht gefiel, näherte er sich dem Problem mit einem andere Ansatz: „Es ging vor allem darum, Motivation ohne Wettkampf zu schaffen. Das geht nur,  wenn man dem Nutzer einen Mehrwert gibt, der keine direkte Vergleichbarkeit zulässt“, sagt Trippler. Zu sehen ist bei seiner App „Moveland“ ein Diorama -  eine Visualisierungsmethode, die in der Museumspädagogik zu Hause ist: In Form einer kleinen Insel verändert sich die Landschaft je nach Fortschritt in verschiedenen Bewegungsdisziplinen. Wenn viel geschwommen wird, vergrößert sich allmählich der Fluss. Kletteraktivitäten vergrößern die Berge. „Die Gesamtaktivität verändert die Gesamtgröße des Dioramas“, sagt Trippler, der auch als Tutor für Programmierung andere Studierende unterstützt.

Für ihn war der Mehrwert des Seminars, sich in eine Thematik zu vertiefen und die Ideen so lange durchzuspielen, bis sie funktionieren: „Ich neige dazu, mich nächtelang damit herumzuschlagen  - und das habe ich gemacht. Ich hatte vorher nicht so viel mit 3D-Programmierung zu tun – ein neues Thema für mich.“ Viel Arbeit hatte auch Sophie Jusko in ihren Entwurf gesteckt, was sich am Ende aber gelohnt habe: „Das war komplizierter als ich gedacht hatte: eine interaktive Gymnastikmatte wird doch anders als ein Handy oder ein Monitor bedient, einfach weil man steht und etwas mit dem Fuß antippen möchte. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, das in einem weiteren Semester weiter zu verfolgen.“