HAWK-Projekt "Natürlicht" stellt sich bei der PLDC in Rotterdam vor

Erscheinungsdatum: 04.12.2019

„Frische Luft zum Atmen, umgeben von der Natur, im Schattenspiel der Bäume – so wollen wir leben. Und so werden wir arbeiten. Unter freiem Himmel, selbstbestimmt, mit klarem Geist und ungetrübtem Blick, gemeinsam für eine Vision. Dazu nutzen wir die innovativste Lichtquelle der Welt: das Tageslicht.“ So stellte sich das Forschungsprojekt Natürlicht der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim auf der Professional Lighting Design Convention (PLDC) in Rotterdam dem Fachpublikum vor. Das Ziel des Projekts besteht darin, dynamisches Licht im Innenraum und in die Lichtplanung zu integrieren.

Inspiriert von der Frage „Wie wird das Licht im Jahr 2050 sein?" entwickelten Studierende des Kompetenzfeldes Lighting Design in einem Seminar unter der Leitung von Norbert Wasserfurth, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzfeld Lighting Design an der Fakultät Gestaltung, die Impulsidee: „Stellen sie sich vor, sie arbeiten unter freiem Himmel.“ Diese Idee erforschte die Gruppe zunächst mit Mitteln der Designforschung. Das Besondere bei dieser Untersuchung ist die Ergänzung um Selbsterfahrung und eine stärkere Berücksichtigung der wahrnehmungspsychologischen und gestalterischen Aspekte der Lichtwirkung.

 

„In einer subtilen Art und Weise knüpfen wir hier an die Diskussion zwischen Newton und Goethe als Metapher zum Dialog zwischen Wissenschaft und Kunst an. Wir wollen zum aktuellen Stand der Technik und Forschung im Thema Human Centric Lighting (HCL) neue Akzente setzten und bestehende Annahmen hinterfragen. Die in der Literatur und Wissenschaft präsentierten Modelle der HCL-Technologie betrachten den Menschen teilweise zu eindimensional und reduzieren die Wirkung des Lichts auf deren circadiane Wirkung“, erklärt Projektleiter Wasserfurth. Hintergrund: HCL überträgt das Wechselspiel der natürlichen Beleuchtung und ihre biologische Wirkung in alle Innenräume, bringt Tageslicht ins Gebäude und ergänzt es bedarfsgerecht durch künstliches Licht in der jeweils passenden Helligkeit und Farbtemperatur.

Das Forschungsprojekt Natürlicht geht mindestens einen Schritt weiter und betrachtet sowohl die genetische Veranlagung als auch die kognitive Prägung des Menschen (siehe dazu die Grafik in der Fotogalerie unten). Die Wirkung und Beurteilung einer Lichtsituation sollen sich in der Praxis nicht auf Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur allein reduzieren; stattdessen soll eine archetypische Atmosphäre entstehen. Der Wahrnehmungsprozess des Menschen bei affektiver Bewertung als Momentaufnahme und Attribuierung, also Beurteilung oder Hierarchisierung, einer Raumsituation reagiert mit anderen Hormonen und Mechanismen, als es bei reiner Betrachtung des Lichtes der Fall ist.

Dafür haben sich die Teilnehmenden des Seminars in einem dreitägigen Workshop ausschließlich der Wirkung des Tageslichts unterzogen. Dazu teilte sich der Tag in gesteuerte Pflichtaufgaben und freie, selbstbestimmte Tätigkeiten ein. Die Teilnehmenden des Seminars führten ein Tagebuch, in dem sie sowohl die Gemütszustände als auch die Lichtsituation beobachteten und beurteilten. Als Ergebnis entstand eine erste Bibliothek an archetypischen Lichtsituationen, die sich einer bestimmten Tätigkeit zuordnen lassen.

Während der PLDC in Rotterdam stellten die Studierenden erstmals ihre Vision einem internationalen Fachpublikum vor, das erste Ergebnisse der interdisziplinären Forschungsgruppe betrachten und selbst ausprobieren konnte. Der Experience-Room in Form eines Licht-Domes, der einen symbolischen Charakter hat und nicht im Sinne eines Produktes zu verstehen ist, hat großes Interesse geweckt. Der Partner FormLED hat dafür eine LED-Wall angefertigt, auf der die Studierenden archetypische Lichtsituationen zeigen und für ihre Untersuchung Teilnehmende nach ihrem Befinden in Bezug auf Licht und Tätigkeit befragen konnten. Ihre Vision diskutierte die Forschungsgruppe im Anschluss divers mit unterschiedlichen Fachkompetenzen wie Architektinnen und Architekten, Lichtplanenden, Lichttechnikerinnen und Lichttechnikern sowie Medienkunstschaffenden. Zurück an der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim, mit kritischen Anregungen sowie großer Unterstützung aus der Lichtindustrie im Gepäck, geht die Forschung nun weiter.

Das Projekt hat gegenwärtig auf vielen Ebenen Interesse geweckt und wird in Form des Natürlicht eV. an der HAWK fortgesetzt. Hinter dem Forschungsprojekt steht eine interdisziplinäre Gruppe aus unterschiedlichen Kompetenzfeldern Lighting Design, Produktdesign, Digitale Medien und Metallgestaltung der Fakultät Gestaltung. Teilnehmende Studierende des Natürlicht-Projekts sind Rebekka Insam, Susan Mittelstädt, Helena Pinnel, Sara Specht, Verena Witthuhn, Jonas Heselhaus, Lennart Korf, Arian Obornik, Andre Parecker, Eric Prinz und René Sackmann.

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