Positionspapier zur aktuellen Pflegepolitik

Erscheinungsdatum: 22.11.2019

Das hochschulübergreifende Netzwerk Familie in der Hochschule e.V., in dem sich auch die HAWK aktiv beteiligt, engagiert sich für mehr Familienorientierung an Hochschulen. Die Mitgliedshochschulen positionieren sich nun in einem gemeinsamen Positionspapier zur aktuellen Pflegepolitik.

Die Hochschulen lenken damit den Blick auf die Bedingungen, unter denen Pflege durch Angehörige auf informeller Basis in den Familien stattfindet. Anders als die Probleme im professionellen Sektor erfährt dieses Thema bislang wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Das Positionspapier konstatiert, dass die letzte große Pflegereform (Pflegestärkungsgesetze I-III) keine tragfähigen Lösungen brachte.

 

Mit einer Pflegeversicherung, die nur einen Teil der Pflegekosten deckt und dem Leitsatz „ambulant vor stationär“ folgt, müssen Familien weiterhin Versorgungslücken schließen. Die Reform verfestigt vielmehr ein familienbasiertes Pflegesystem, das immer noch vor allem Frauen unbezahlte Sorgearbeit abverlangt – und zwar auf Kosten gleichberechtigter Erwerbstätigkeit, sozialer Absicherung und eigener Gesundheitserhaltung. Das Positionspapier greift Möglichkeiten und Grenzen der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf im gegenwärtigen Pflegesystem auf und kritisiert die hohen bürokratischen Hürden sowie den mangelnden Praxisbezug der aktuellen gesetzlichen Vorgaben.

Neben einer Darstellung der Probleme, denen pflegende Angehörige gegenüber stehen, enthält das Papier auch Vorschläge für sozialpolitische Reformen. Es fordert die Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Vollversicherung auf solidarischer Finanzierungsbasis, die Verbesserung bestehender gesetzlicher Regelungen, die Schaffung von Anreizen für eine geschlechtergerechte Verteilung von Pflegeaufgaben sowie die Unterstützung von pflegenden Angehörigen durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Hierzu sind konkrete Handlungsideen formuliert, die seit den Reformen der 1980er Jahre in den skandinavischen Ländern wirksam sind. Der Verein ruft die Politik gleichzeitig dazu auf, den Blick für visionäre Transformationsansätze zu weiten. Das übergeordnete Ziel politischen Handelns sollte die Schaffung eines zukunftsfähigen Pflegesystems darstellen, welches den Pflegebedürftigen ein würdiges Leben ermöglicht und gleichzeitig ihre Angehörigen wirksam entlastet.

Die HAWK legt im Rahmen des weiten Familienbegriffs Wert darauf, dass unter „Familie“ nicht nur die Familienverantwortung für Kinder gefasst wird, sondern auch die Pflegeverantwortung von Studierenden und Mitarbeitenden in Blick genommen wird. So können beispielsweise Studierende, die pflegen, einen Nachteilsausgleich bei Prüfungen beantragen, und für Mitarbeitende gilt die Dienstvereinbarung zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflegenotfällen.

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Profilbild Klintworth
Referentin für den Familienservice