Vortrag von Dr.-Ing. Käthe Protze über Genderperspektive in der Raumentwicklung

Erscheinungsdatum: 17.01.2024

Mit dem Onlinevortrag zu „Genderperspektiven in der Raumentwicklung“ von Dr. Ing Käthe Protze, fand die Vortragsreihe „Gender in Architektur, Gestaltung, Naturwissenschaften und Technik“ ihren Abschluss. Renommierte Wissenschaftler*innen hielten Vorträge und gaben Ideen für Themen und Perspektiven einer genderbezogenen Forschung und Lehre.

Fokus und Vernachlässigung

Käthe Protze begann ihren Vortrag „Genderperspektiven in der Raumentwicklung“ mit Hinweisen auf die Bedeutung der Berücksichtigung von Genderperspektiven in der Stadt- und Freiraumplanung. Gegenwärtig kennzeichnen sich Städte durch eine Trennung von Arbeit, Freizeit und Wohnen. Danach richten sich auch die Wege oder deren Bewältigung. Progressive Raumplanung denkt im Unterschied nicht nur an die Wege zwischen Erwerbsarbeit und Zuhause, sondern bezieht die komplexen Lebenszusammenhänge bisher in diesem Schema vernachlässigter Gruppen ein. Das sind etwa Menschen mit Care-Tätigkeiten, Schwangere, ältere Menschen, Menschen mit Beeinträchtigungen und Menschen, bei denen sich verschiedene Diskriminierungsformen kreuzen. Zudem ist sich zukunftsorientierte Raumplanung bewusst, dass sich Lebensweisen verändern und damit auch die Bedarfe und Ansprüche an Lebensräume und zwar sowohl im Bereich Wohnen als auch in der Stadtplanung.

 

Faire Planung

Eine faire Planung für alle kann beispielsweise durch Nutzungsmischung von Wohnen, Erwerbsarbeit, Einrichtungen und Versorgung in Quartieren gelingen. Eine Versorgung im Alltag mit sicheren und barrierefrei nutzbaren, kurzen Wegen, vielfältige Aufenthaltsbereiche im öffentlichen Raum, sowie gut erreichbare und nutzbare Angebote für unterschiedliche Zielgruppen in den Stadtquartieren gilt es zu berücksichtigen. Eine faire Planung beinhaltet auch neue Wohngrundrisse, die sich an unterschiedliche Lebensweisen und -phasen anpassen lassen.

Internationale Beispiele

Käthe Protze führte dabei auch internationale Beispiele wie in der Stadt Wien an. Hier fürdert die Stadt etwa den sozialen Wohnungsbau, großflächige Parkanlagen mit neuen Stadtquartieren, die Neuverteilung des Straßenraumes und die Belegung von Erdgeschossen zur vielfältigen Nutzung. Auch in Barcelona ist es gelungen, öffentlichen Raum neu zu verteilen, Aufenthaltsinseln in dicht bewohnten Stadtquartieren zu etablieren, wohnortnahe Freiräume zu schaffen und motorisierten Verkehr neu zu organisieren. In Paris gibt es am Seineufer statt der Stadtautobahn nun Naherholung.

Forschung zu Gender und Diversity

Käthe Protze schlägt vor, Planungsprojekte zu überprüfen: Werden und inwiefern werden Gender und Diversity in Planungsprozesse einbezogen? Wie ist die Datenlage der sozioökonomischen Situation von Menschen? Entsprechend könnte sich das in die Raumplanung einbeziehen.

Zukünftige Herausforderungen

Für Planer*innen bleibt es anspruchsvoll. Denn neben dem demographischen Wandel, der Alterung der Gesellschaft und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die Klimaerwärmung und Nachhaltigkeit sowie die Mobilitätswende zu beachten. Seit der Coronaviruspandemie liegt ein größeres Augenmerk auf der Gestaltung von Wohnungsgrundrissen und wohnortnahen Freiräumen. Käthe Protze findet es wichtig, nicht nur Planungsfachkenntnisse, sondern auch den Blick für die komplexen Lebenslagen von Menschen in Stadtentwicklungsprozesse einzubeziehen, was sich auch durch interdisziplinäre Teams fördern lässt. Zudem sollten unterschiedlich repräsentierte Gruppen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Trotz allen Herausforderungen hofft Dr.-Ing. Käthe Protze, dass es möglich ist, Städte zukünftig fair zu teilen.

Dr.-Ing. Käthe Protze

Die Referentin Käthe Protze arbeitet als Geschäftsführerin des Planungsbüros p+t planung in Bremen. Das Büro bearbeitet Projekte der Freiraum-, Landschafts- und Stadtplanung von der Rahmenplanung bis zur Umsetzung. Käthe Protze hatte bereits Lehraufträge an der Gesamthochschule Kassel, TU-Berlin, FH-Bernburg und Universität Bremen. Sie ist Mitglied der Feministische Organisation von Planerinnen und Architektinnen (FOPA) in Bremen, im Vorstand des Bremer Zentrums für Baukultur, sowie im Vorstand der Lür-Kropp-Stiftung Bremen.