Wanfried erhält 250.000 Euro und setzt auf Beteiligung von HAWK-Absolvent*innen

Erscheinungsdatum: 07.12.2021

Wie können Kleinstädte im ländlichen Raum ihr Potenzial entfalten und auch in Zukunft attraktiven Lebensraum bieten? Das haben vier Architekturstudierende der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen in ihren Masterarbeiten am Beispiel der nordhessischen Stadt Wanfried untersucht. Das Extrakt ihrer Abschlussarbeiten fassten sie in dem Buch „KLEIN.STATT.GROSS – Wanfried erfindet sich neu“ zusammen. Sie analysierten Stärken und Entwicklungspotenziale der Kleinstadt und entwickelten einen Masterplan zur städtebaulichen Entwicklung.

Nun erhält die Stadt Wanfried aus dem hessischen Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“ 250.000 Euro Fördermittel zur Aufwertung des Stadtzentrums und möchte die HAWK-Absolvent*innen weiter an dem Entwicklungsprozess beteiligen.

 

Die Fördermittel will die Stadt in ein Verkehrskonzept und in ein „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“ investieren, erklärt Bürgermeister Wilhelm Gebhard. „Wir möchten den Verkehr in der Altstadt minimieren und Räume zum Verweilen schaffen.“ Mit den übrigen Mitteln sollen im Anschluss dann schon einzelne Maßnahmen realisiert werden. Für die Interessensbekundung, die die Stadt Wanfried für die Förderung einreichen musste, hatte Gebhard die vier HAWK-Absolvent*innen um eine Stellungnahme gebeten, in der sie die Zusammenarbeit mit den Wanfrieder Bürger*innen und ihr Zukunftskonzept schilderten.

Was die Architekturstudierenden Mario Gellrich, Patrick Kellner, Johanna Klumpe und Arne Meyer mit ihren Masterarbeiten und dem gemeinsamen Buch leisteten, sei weit über „normale“ Abschlussarbeiten hinausgegangen, betont Dr.-Ing. Birgit Franz, Professorin für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege an der HAWK-Fakultät Bauen und Erhalten in Hildesheim. „Die Studierenden haben extrem viel Zeit und Herzblut in diese Arbeit gesteckt und gezeigt, dass sie zu den Besten ihres Jahrgangs gehören.“ Gemeinsam mit Friedhelm Meyer, Städtischer Baudirektor a.D., hat Franz die Masterarbeiten zu Wanfried betreut und auch den Kontakt zu Gebhard und der „Bürgergruppe für den Erhalt Wanfrieder Häuser“ hergestellt, mit der die Studierenden eng zusammenarbeiteten.

Denn gerade zum Anfang ihrer Arbeit waren die Studierenden auf die Mithilfe der Bürger*innen von Wanfried angewiesen. „Zunächst haben wir vor Ort mit den Menschen eine Ideenwerkstatt durchgeführt, um Problemstellen abzufragen und zu hören, wo konkret der Schuh drückt“, berichtet Patrick Kellner. Außerdem entwickelten die Studierenden einen Online-Fragenkatalog und sprachen auch Passant*innen auf der Straße an, um herauszufinden, was sich die Wanfrieder Bürger*innen von ihrer Stadt wünschen. „Uns war wichtig, dass wir die Leute vor Ort abholen und eine Arbeit kreieren, die wirklich einen Nutzen für Wanfried hat“, so Kellner.

Und das ist ihnen gelungen, findet Friedhelm Meyer: „Für mich war das Geniale der Arbeit, dass die Studierenden die Expert*innen vor Ort befragt haben. Und das sind immer die Bürger*innen.“ Und bei den Ideen, die dabei entstanden seien, handele es sich keineswegs um Luftschlösser. Eine autofreie Marktstraße gehört genauso zum Konzept der Studierenden wie ein dezentrales Hotel und die Umnutzung einer alten Ölmühle zu einer Bürgerhalle. „Die Ideen zur Verkehrsberuhigung oder zur Umnutzung einer alten Fabrik – das sind alles kleine Bausteine, die ich mir für die Stadt gut vorstellen kann,“ stellt Meyer fest.

Die Umsetzbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen war auch für Diana Wetzestein, Fachwerkjournalistin und Mitglied der Wanfrieder Bürgergruppe, ein sehr wichtiger Aspekt im Prozess. Das sei den Studierenden durch die breite Beteiligung der Bürger*innen gut gelungen. „Ich glaube, dass wir diesen Schwung wirklich nutzen können und dass er uns noch weitertragen wird.“ Neben der Förderung durch „Zukunft Innenstadt“ sei auch eine aktuelle Investition der Sparda-Bank in ein Mehrgenerationenhaus in Wanfried ein Beispiel für diese positiven Entwicklungen. Die Sparda-Bank Hessen habe sich bei ihrer Investitionsentscheidung für Wanfried einerseits von dem bereits Erreichten der handelnden Akteure vor Ort positiv leiten und begeistern lassen. „Andererseits gefällt der Sparda-Bank auch die Zusammenarbeit mit der HAWK und im Besonderen die Masterarbeit. Sie dient als Grundlage und als Ideenbörse bei der Umsetzung des Mehrgenerationenprojekts mit angeschlossener Kulturscheune. Daher macht auch die Masterarbeit einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der positiven Entscheidung für Wanfried aus“, so Gebhard.

Die Absolvent*innen der HAWK würden diesen Prozess gerne weiter begleiten. „Durch die aktuellen Planungen können wir sehen, dass unsere Ideen in die richtige Richtung gehen“, freut sich Johanna Klumpe. „Natürlich interessiert es uns da, wie es in Wanfried weitergeht und welche Ideen vielleicht noch umgesetzt werden.“ Bürgermeister Wilhelm Gebhard würde die Absolvent*innen, die inzwischen alle im Arbeitsleben aktiv sind, gerne in der Lenkungsgruppe für die Verwendung der Fördermittel wiedersehen. „Die vier haben eine tolle Arbeit abgeliefert. Darum würden wir uns sehr freuen, wenn sie sich weiter bei uns einzubringen können.“