HISSS-Projekt erfolgreich: "Es braucht technische und fachliche Zusammenarbeit"
Über drei Jahre hinweg arbeitete das HISSS-Projekt-Team an der Entwicklung einer hybriden, technologiebasierten Lösung zur Verbesserung der Therapie von Menschen, die zum Beispiel nach einem Schlaganfall an Sprach- und Sprechstörungen leiden. Zentraler Bestandteil des Projekts war die Entwicklung eines teletherapeutischen Systems, das sowohl videobasierte Einheiten für Therapeut*innen und Betroffene als auch Eigenübungen für Betroffene integriert.
Das Besondere: die umfassende Einbindung der Erfahrungen unterschiedlichster Disziplinen und auch Betroffener.
HAWK-Professorin Dr. Juliane Leinweber, Projektleiterin der HAWK im Forschungsverbund von HISSS, hebt die Wichtigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit hervor: „Es braucht die technische Komponente und es braucht die inhaltlich-fachliche Komponente aus der Logopädie.“ Die sorgfältige Abstimmung zwischen Techniker*innen und Therapeut*innen habe den Erfolg ermöglicht, so Projektmitarbeiterin Katharina Giordano während des Abschlussworkshops: „Wichtig für uns war, dass alles hybrid läuft. Gerade für das Eigentraining sollte hierbei eben Technologie eingesetzt werden, wie zum Beispiel automatische Spracherkennung, um eben auch ein effektives Üben zu ermöglichen, wenn die therapierende Person nicht vor Ort mit dabei ist.“ Dies sichere somit den therapeutischen Erfolg.
Ein weiteres Herzstück des Projekts: die kontinuierliche Beteiligung von Betroffenen. Wolfgang Peter, ein 73-jähriger Betroffener, der vor 30 Jahren eine Hirnblutung erlitt, sagt: „Es ist eine wahnsinnige Sache, dass sowas heute möglich ist“, betont Peter begeistert und lobt die Möglichkeit, auch über Entfernungen hinweg effektiv an Therapien teilnehmen zu können.
Neben der inhaltlichen Mitarbeit waren auch Unternehmen als Kooperationspartner und weitere Organisationen an der technischen Entwicklung des Systems beteiligt: Die SpeechCare GmbH hatte die Verbundkoordination inne und entwickelte die GUI (Benutzer*innen-Oberfläche). Die Bitnamic GmbH übernahm die Aufgabe, eine technische Infrastruktur für die Datenübertragung bereitzustellen und das Fraunhofer IDMT entwickelte die Sensorik für die korrekte Interpretation der visuellen (mimischen) und auditiven (verbalen) Interaktion von Nutzer*innen der App.
In der Podiumsdiskussion ging es vor allem um die Nachhaltigkeit von Technologien, die in Forschungsprojekten entwickelt werden. Zentrale Diskussionsfrage war, wie die Technologie besser in die Gesellschaft integriert werden kann und wie auf die vielen Herausforderungen einer solchen System-Entwicklung, wie etwa die nach wie vor ausbaufähige Digitalisierung in Deutschland und zu lange Prozesse bei Genehmigungen oder Zertifizierungen, reagiert werden sollte.
Parallel zu den technischen Entwicklungen des Teletherapie-Systems wurden während des Projekts auch ethische Aspekte untersucht. Annalena Pohl, Studentin der Therapiewissenschaften, Studienrichtung Logopädie an der HAWK, erläuterte einen der wenigen Kritikpunkte: Aktuell läuft der Demonstrator nur über ein einziges Betriebssystem. Trotz dessen beurteilt Pohl das Teletherapie-System insgesamt positiv und hofft auf eine baldige Markteinführung.
Martha Bartsch, die als erfahrene Logopädin ihre Expertise einbrachte, sagt: „Es war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung, an der Entwicklung teilzuhaben.“ Sie merkt an, wie der Einsatz von Videotherapien und Übungs-Apps zunehmend die therapeutische Praxis ergänze und bereichere.
Am Ende der Veranstaltung blickt Prof. Dr. Juliane Leinweber noch einmal auf die geleistete Arbeit zurück und zieht ein positives Fazit. Sie unterstreicht, dass trotz des erfolgreichen Projektabschlusses weiterer Innovationsbedarf im Bereich der Digitalisierung und teletherapeutischer Lösungen bestehe. Für die Wissenschaft und auch Hochschule sei es essenziell, diesen Weg fortzusetzen und zukunftsfähige Gesundheitslösungen zu entwickeln.
Das Verbundprojekt wurde im Rahmen der Fördermaßnahme ‚Hybride Interaktionssysteme‘ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung an der HAWK mit rund 333.000 Euro gefördert bei einem Gesamtvolumen von 1,66 Mio. €. Das Projekt wird kostenneutral um sechs Monate verlängert. Bis zum 31.07.2025 wird der Demonstrator im Therapieeinsatz evaluiert. Der Fokus liegt dabei auf der Umsetzbarkeit, Durchführungsqualität, der Akzeptanz und dem Erleben der Teilnehmenden.
Projektsteckbrief HAWK: https://www.hawk.de/de/forschung/forschungsprojekte/hybride-und-interaktive-sprach-und-sprechtherapie-nach-schlaganfall
Projektsteckbrief BMBF: https://www.interaktive-technologien.de/projekte/hisss
Projektseite HiSSS: https://hisss.care/dasprojekt/