Erscheinungsdatum: 09.01.2015

Projekt der Studierenden der Fachrichtung Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten

Die Studierenden der Fachrichtung Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten beginnen das neue Jahr wieder mit besonderen Praxiswochen im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Schloss Gottorf in Schleswig.

Der reiche Möbelbestand der Museumsammlungen repräsentiert in hervorragender Weise die eigenständige Geschichte des Wohnens in Norddeutschland und zeichnet sich darüber hinaus durch einzigartige Highlights der Kunstgeschichte des Möbels aus.

Ein Kooperationsvertrag zwischen der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim und den Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen Schloss Gottorf in Schleswig bildet den Rahmen für die kontinuierliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der restauratorischen Praxis und ermöglicht den Studierenden intensive Einblicke in die Realität der musealen Sammlungspflege, des Ausstellungswesens, der Depotorganisation u.v.m. Die ebenso erfahrenen wie auch hoch engagierten Restauratorinnen des Landesmuseums, Dipl.-Rest. Anne-Christine Henningsen und Dipl.-Rest. Franziska Franke M.A., eine Absolventin des Studiengangs der HAWK, betreuen erfolgreich studienvorbereitende Praktika, Praxissemester während des Studiums wie auch objektbezogene Abschlussarbeiten gemeinsam mit den Hochschullehrern und –lehrerinnen der HAWK. Derzeit vertritt Gunar Grossmann M.A. die junge Mutter im Team; er hat ebenfalls in Hildesheim Restaurierung studiert.

Die zweiwöchige Projektzeit pro Semester ist seit 2012 der Restaurierung eines monumentalen Schrankes der Barockzeit gewidmet, einem sogenannten “Hamburger Schapp“. Diese reich beschnitzten und vollendet furnierten Dielenschränke dienten der Repräsentation hanseatischer Patrizier und stolzer Kaufmannsgeschlechter. Das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum zeigt bislang noch keinen dieser eindrucksvollen Schränke in seiner Schausammlung, hütet aber in seinen Depots zwei Exemplare, die, in viele Einzelteile zerlegt, seit Jahrzehnten auf ihre Stunde warten.

Die wechselvolle Geschichte von Schloss Gottorf, von der Residenz kunstsinniger Herzöge über Zugehörigkeit zur dänischen Krone und Umfunktionierung als Kaserne zum vielseitigen Landesmuseum mit außerordentlich regem Ausstellungsbetrieb, bedingt auch die ständige Weiterentwicklung seiner Infrastruktur. Die Situation der umfangreichen Sammlungsmagazine stellt dabei einen spezifischen Problemkreis dar. Die Studierenden lernen in der Realität, Rahmenbedingungen zu analysieren und Risiken zu detektieren, die sich daraus für das empfindliche Kunst- und Kulturgut ergeben. Als Resultat dieses „risk assessments“, wie dieses systematische Vorgehen in der Fachsprache der präventiven Konservierung heißt, ergab sich für das Fragmentekonvolut der Schapps ein Handlungsbedarf erster Priorität.

Nach der fotografischen Dokumentation des vorliegenden Bestands einschließlich Roentgenaufnahme des konstruktiven Gefüges, nach der Kartierung des Zustands, der Notsicherung verlustgefährdeter Teile und der Ausarbeitung eines Erhaltungskonzepts gingen die Studierenden an die praktische Umsetzung der Konservierungsschritte.

Der mächtige, separat gearbeitete Gesimsaufbau aus elegant ausschwingenden Profilen und markanter Mittelkartusche sowie der Schubladensockel waren Gegenstand der jüngsten Kampagne. Das edle Nußbaumfurnier hatte sich größtenteils vom Träger gelöst und muss mit eigens entwickelten Spannvorrichtungen wiederbefestigt werden. Die Fraßschäden holzzerstörender Insekten haben das Konstruktionsholz soweit geschwächt, dass eine speziell komponierte Füllmasse zur Stabilisierung eingebracht werden musste. Es werden noch öfter die Zugvögel die Schlossinsel in der Schlei verlassen und wieder zurückkehren, bis der stolze Hamburger Schapp fertig restauriert in den Museumshallen aufgestellt werden kann.

Die Praxis am historischen Original innerhalb der Rahmenbedingungen eines großen Museums bietet den Studierenden die unschätzbare Gelegenheit, das theoretisch Gelernte im realen Berufsfeld umzusetzen und zu erproben.

Projekt der Studierenden der Fachrichtung Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten Arbeiten am Schubladensockel Arbeiten am Schubladensockel