HAWK blickt auf die Internationale Tagung „Farbe und Gesundheit“ 2022 zurück

Erscheinungsdatum: 20.09.2022

Das Kompetenzfeld Farbdesign an der Fakultät Gestaltung der HAWK am Standort Hildesheim ist in ein Internationales Netzwerk an Wissenschaftler*innen und Gestalter*innen im Bereich Farbe eingebunden. Alle zwei Jahre stattfindende Tagungen des Deutschen Farbenzentrums verdeutlichen das. Die Tagung Ende August 2022 mit dem Thema „Farbe und Gesundheit“ fand an der Humboldt Universität auf Einladung von Prof. Dr. Olaf Müller statt. Zahlreiche Studierende aus verschiedenen Kompetenzfeldern der Fakultät Gestaltung beteiligten sich an der Organisation und der Exkursion.

Prof. Timo Rieke, Koordinator des Kompetenzfelds Farbdesign, beteiligte sich an der Organisation und Durchführung der Tagung. HAWK-Honorarprofessor Dr. Sascha Peters steuerte mit Diana Drewes einen spannenden Vortrag zum Thema nachhaltigen farbigen Materials und Pigmenten bei. Prof. Markus Schlegel und Beate Breitenstein leiteten einen Workshop zum Thema atmosphärischer Farbharmonien. Gäste waren außerdem Prof. Dr. Julia Lohmann von der Aalto Universität, Prof. Aart de Bezooijen von der Freien Universität Bozen, Architektin Anna Heringer, Architekt Jason Danziger und viele weitere.

Das HAWK-Farbdesignforum integrierte sich als abschließende Sektion mit Beteiligung zahlreicher Absolvierender und Studierender der Fakultät Gestaltung. Das waren unter anderem Johannes Lechner, Michelle Häusler, Lina Schmidt und Magdalena Tomoff. Weiter bot die Veranstaltung zwölf Workshops und eine gut besuchte Ausstellung, ebenso mit Beteiligung von Absolvierenden der Kompetenzfelder Farbdesign und Innenarchitektur wie Maja Mauke, Nadine Marschollek, Lisa Hermann und vielen weiteren.

 

Prof. Timo Rieke dazu: „Wir reflektieren hier den Zusammenhang von äußeren Begebenheiten und inneren Zuständen. Im Farbdesign der Zukunft hat Farbe eine unterstützende Wirkung. Sie reflektiert den funktionalen, sinnlich-ästhetischen und kulturellen Gehalt einer Gestaltung und fördert deren Lesbarkeit. Damit schafft sie ein größeres Ganzes. Die Gestaltung zeitgemäßer und verständlicher Lösungen fördert den Einklang mit den äußeren Lebensbedingungen – und damit ein gesundes Umfeld. Um es anders zu sagen: Die Verwechslung von weißem Farbanstrich mit neutraler Farbwirkung prägt eine ganze Branche und verhindert Gestaltung, die Werte wie Nähe fördert. Die Zukunftsfelder der Farbgestaltung liegen in der Kommunikation ihrer fördernden Eigenschaften. Dabei sollten wir mit gutem Beispiel voran gehen und Gestaltung machen, die Schönheit mit Ecken und Kanten kombiniert, die modular, veränderbar, verspielt, elastisch, zirkulär und kommunikativ ist. Wege zu einer intuitiven Farbgestaltung im Sinne transformativer Gestaltung, die fördert und ermöglicht, werden jetzt zu legen sein, um eine Zukunft zu entwerfen, die lebenswerte, kulturvolle Umgebungen ermöglicht.“

Aus der Rede von Prof. Timo Rieke zum Start des zweiten Tages der Konferenz mit dem Schwerpunkt „Farbe und Material“

„Design und gute Gestaltung ist ein elementarer Beitrag zur Gesundheit und ein durchaus politischer Faktor in der Debatte um gesunde Lebensräume. Wir bezeichnen Dinge als schön, wenn Inhalt und Ausdruck sowie Erwartung und Funktion auf eine Art zusammenkommen, die von mittlerer Komplexität und hoher Selbstähnlichkeit geprägt ist. Wenn wir Design und Farbgebung als Teil unser Selbst und als Teil der Gesellschaft sehen, dann müssen wir jetzt einen gesellschaftlichen, vielleicht gestalterischen Dialog beginnen, was denn eigentlich unsere Vision einer zivilisierten, lebenswerten und gesunden Umgebung ist und wie wir die, ganz konkret, und nebenbei, weltweit umsetzen. Ohne Erwartung gibt es auch keinen gesunden Umgang.

 

Aber hier sehen Sie schon das Problem. Für diese weitreichenden Gedanken ist es bereits zu spät. Ich fürchte, dass wir in eine Situation kommen können, in der Design nichts ausrichten kann. Schon jetzt befinden wir uns in der Maslowschen Bedürfnispyramide wieder beinahe am Fuße der Pyramide. Trotz dem wir vor vielleicht zwei Jahren noch gedacht haben, dass Design etwas verändern kann, fühle ich eine gewisse Ohnmacht, gegen bestehende wirtschaftliche Ordnungen und die Dynamik anzukommen und unser Leben und auch unseren Beruf so umzukrempeln, dass es in Bezug auf den Klimawandel oder auch nur eine gesundere Umgebung wirkt.

Natürlich wissen wir, dass die Zeiten von Hochglanz und verschwenderischem Luxus vorbei sind, aber viele wissen auch das nicht. Was zählt sind Lösungen, die zu menschlicher Kommunikation führen, zu Identifikation und Wertschätzung zu mehr Verstehbarkeit. Viele Menschen wissen gar nicht, was möglich wäre oder was sie wollen könnten. Das zu zeigen, ist vermutlich die zeitgemäße Aufgabe von Design. Farbe, das sehen wir dabei ziemlich klar, verändert sich zurück, vom künstlichen, chemischen Pigment zum Material, zur Materialfarbigkeit, wie sie unter anderem zuletzt vor 150 Jahren üblich war. Gleichzeitig entwickeln sich die bunten überrealen digitalen Welten rasant, sodass wir eine gewisse Ambiguitätstoleranz jederzeit im Gepäck haben sollten. Aber, wenn wir heute über Farbe sprechen, kommen wir an der Materialität nicht vorbei.

Es gab in den letzten hundert Jahren so viele einfache aber visionäre Ideen aus dem Design, die für eine bessere Welt einstehen, aber gleichzeitig auch die Entwürfe, die konsumistische Produkte beförderten. Wir müssen uns eingestehen, dass diese am Ende immer erfolgreicher waren und sind. Hohe Wertschöpfung im monetären Sinn sollte natürlich durch ethische Wertschöpfung ersetzt werden. Vielleicht ist diese Sektion ein Beitrag in diese Richtung. Fangen wir also an.“

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