Erscheinungsdatum: 07.08.2007

<P>Auch der Gegenbesuch der Studierenden der UNINTER aus Cuernavaca ? der Stadt des ewigen Frühlings ? ließ nicht lange auf sich warten.</P>

Für zwei Professoren der HAWK in Holzminden ist „Leben und Arbeiten“ in Mexiko ein lang gehegter Traum. Diesen Traum den Studierenden zu vermitteln hat anfänglich Überzeugungskraft benötigt, aber am Ende hatten alle den gleichen Wunsch: „In einem anderen sozi-kulturellen Umfeld zu arbeiten und zu leben.“

Was liegt näher als das Studierende des Master-Programms „Planen und Bauen International (PBI)“ ihre Erfahrungen nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis erwerben. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universidad Internacional in Cuernavaca (UNINTER), gelegen im Bundestaat Morelos, Mexiko planten Prof. Dr. Birgit Franz und Prof. Dr. Georg Maybaum erste Schritte bereits im Frühsommer 2006. Der konzipierte Full-Exchange sollte es Studierenden beider Hochschulen ermöglichen, trotz unterschiedlicher Einkommensverhältnisse im anderen Land zu arbeiten und zu leben. Folglich organisierten die Studierenden vor Ort für die jeweiligen Gäste Unterkünfte und Verpflegung – in Cuernavaca bei Gastfamilien und in Holzminden direkt in den Wohngemeinschaften der Studierenden.

Eintauchen in ein lateinamerikanisches Land hieß für die Studierenden und ihre Professoren sich gründlich vorbereiten. Kulturell: Was gilt es über Politik, Gesellschaft und Geschichte zu wissen? Zudem hieß es, wenigstens etwas spanisch zu lernen. Fachlich: Wie wird dort gebaut? Welchen Einfluss haben große Hitze und sintflutartige Regenfälle auf das Bauen? Welche Materialien und Konstruktionen sind gebräuchlich? Wie sieht es mit dem Umweltschutz aus. Und hier entdeckten die Studierenden schnell die Möglichkeiten, Jahrzehnte währende Erfahrungen aus dem Herzen Europas in die Welt zu tragen. Gestalterisch können sie sich mit den Studierenden der UNINTER ein Kopf an Kopf-Rennen liefern. So wie die Studierenden hier von dem freien Geist der großen Bauhausarchitekten geprägt sind, sind es die lateinamerikanischen Studierenden von den dortigen Architekten der Modernen wie Luis Barragán (sein Haus und Studio in Mexiko City stehen inzwischen unter Weltkulturerbeschutz) oder Pedro Ramirez Vasquez. So lag es nahe, Bauten der dortigen Architekturgrößen der Moderne ebenso zu besichtigen und zu analysieren wie die beeindruckenden Bauten der Mayas und Azteken sowie die der spanischen Eroberer.

Um der Vielfältigkeit der Möglichkeiten gerecht zu werden, verknüpften Franz und Maybaum drei Module miteinander: World Heritage (Weltkulturerbe), Geotechnical Engineering (Schwerpunkt Infrastruktur und Ressourcenschonung) und das Internationale Planungsprojekt. Vor Ort hieß dieses unter der Federführung des Architekten Gerado Olguin Olguin – und der beiden HAWK-Professoren – ein soziokulturelles Zentrum in Yecapixtla zu konzipieren – einer schrumpfenden Stadt in der Größenordnung von 20.000 Einwohnern, die um ihre Zukunft kämpft. Soziokulturelles Zentrum meint hier, die Verknüpfung, einen über Tag genutzten Kindergarten abends für die Erwachsenenbildung zu verwenden. Das Gelände liegt direkt neben dem vom Architekten Gerado Olguin Olguin entworfenen und derzeit in Realisierung befindlichen Rathauses der Stadt, in welchem nahezu ausschließlich Mütter Anstellung finden werden.

Von den Arbeitsergebnissen der PBI-Studierenden – Matthias Brockhoff, Eduard Jordan, Tobias Moß, Thomas Peine, Sini Sammler, Markus Siebert und Simeon Voss beeindruckt, lud der Dekan der UNINTER den Minister für Stadtentwicklung und Raumplanung des Bundesstaates Morelos zur Präsentation der Ergebnisse ein. Franz und Maybaum wurden im anschließenden einstündigen Fernsehinterview mit dem Minister eingehend zu den Kooperationsmöglichkeiten befragt. Nicht nur da fruchtete die gute Vorbereitung der Reise, die u. a. auf ausgiebigen Kontakten der beiden Professoren mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) und mit dem Deutschen Museum München fußte. Konkrete Ideen zur Realisierung des Gedankengutes konnten hier eingebracht werden. Betreut doch die GTZ ein spannendes Projekt in knapp 120 Kilometer Entfernung und lädt ein, hier Master-Arbeiten zu betreuen. Zudem ist ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Dr. Dirk Bühler vom Deutschen Museum München angedacht. Der langjährige Experte für das Weltkulturerbe Puebla – zwei Autostunden von Yecapixtla entfernt – wird als Weiterführung seiner 12-jährigen Aktivitäten in Mexiko zusammen mit Professor Maybaum die Belastbarkeit und Beständigkeit der dort gewonnenen Lehmziegel untersuchen und bewerten.

Zurück in Deutschland ging es für die PBI-Studierenden zunächst konzentriert an die Lehrfächer der HAWK-Kolleginnen und Kollegen, aber nur so lange, bis die Global Playing Conference näher rückte. Die Vorbereitung von wissenschaftlichen Touren – beispielsweise führt der PBI-Student Markus Siebert durch die vom Bauhausarchitekten Walter Gropius erbauten Fagus-Werke in Alfeld – und die intensive Betreuung der Delegationen verschaffen den PBI-Studierenden Kontakte über die ganze Welt. Natürlich ist eine fünftägige Betreuung der an der HAWK eingetroffenen Delegationen auch harte Arbeit und bedeutet jede Menge Anstrengung.

Für die Studierenden bildete jedoch der 11-tägige Gegenbesuch von Studierenden der UNINTER den krönenden Abschluss. Hierfür hatten sich die PBI-Studierenden zusammen mit der regionalen Wirtschaft sehr engagiert. So konnte den jungen Mexikanerinnen und Mexikanern sozusagen ein Intensivprogramm geboten werden. Sie besuchten die Werke von Stiebel-Eltron und Interpane und können – passend zu den Fragestellungen ihres Landes – neuestes Technologie-Know-How mitnehmen. Der Einladung der Brauerei Allersheimer vermittelte Eindrücke von der ortsansässigen deutschen Bierbraukunst. Der Besuch des Stuhlmuseums der Firma Tecta spannte wieder den Bogen zum Kulturgut des Bauhauses. Neben der Unterstützung der Firmen Stiebel-Eltron und Interpane verhalfen jene der WeserberglandAG, der NordLB, der Öffentlichen Versicherung, der Volksbank, der Print Company und der Weserpulsar e.V. den jungen Mexikanern zu Eindrücken von Berlin und Hamburg wo - last but not least - der Architekt André Poitiers Einblicke in ein innovatives Architekturbüro der Avantgarde gewährte – und die jungen UNINTER-Studierenden einlud, sich bei ihm um eine Praktikumsstelle zu bewerben.

Die warmherzige Aufnahme der mexikanischen Studierenden in den Wohngemeinschaften der Holzmindener PBI-Studierenden hat trotz der kalten und regnerischen Klimaverhältnisse – die fast alle Gäste erkranken ließ – die Seelen warm gehalten. Schon heute haben drei mexikanische Studierende angekündigt, ihre Bachelor-Thesis in Holzminden schreiben zu wollen. Der mexikanischen Professor Gerado Olguin Olguin fand in seiner Dankesrede an die PBI-Studierenden folgende Worte (hier sinngemäß übersetzt): „Es ist kein Problem für einen Mexikaner, das offizielle Deutschland oder Europa zu bereisen, doch hier wurde uns Einlass in die Seelen gewährt.“ Die Holzmindener Bürger – ihr Bürgermeister allen voran – haben es gleichfalls den Mexikanern angetan. Die offene Atmosphäre der Stadt hat allen gut gefallen.

Wie geht es nun weiter: Franz und Maybaum haben mit dem Dekan der UNINTER, Architekt José Manuel Muñoz Gómez und der Direktorin für Internationalisierung, Ana Lourdes Alva, für den Sommer 2008 den nächsten gegenseitigen Austausch vereinbart. Für die, die wieder dabei sein werden – beispielsweise Franz und Maybaum – bleibt es spannend. Beide freuen sich auf die nächsten Schritte nebst Ausbau der Kooperation, die – so das Grobziel – 2009 in ein Doppel-Abschluss-Abkommen münden soll.

Auch der Gegenbesuch der Studierenden der UNINTER aus Cuernavaca – der Stadt des ewigen Frühlings – ließ nicht lange auf sich warten.

Holzmindener Know-How nun auch an der UNINTER in Cuernavaca. Holzmindener Know-How nun auch an der UNINTER in Cuernavaca.