Mit der Ausstellung „gesichtslos – Frauen in der Prostitution“ widmet sich die Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit (Prof. Dr. Sylvia Oehlmann) in Kooperation mit dem Gleichstellungsbüro und dem Hildesheimer Aktionsbündnis dem Thema Prostitution in einer Fotoausstellung. Die diakonische Beratungsstelle Amalie in Mannheim konzipierte die Ausstellung und setzte sie in Zusammenarbeit mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim um. Die Ausstellung wird in der Galerie im Stammelbach-Speicher in Hildesheim gezeigt.

Aktionen beinhalten eine öffentliche Infoveranstaltung mit Möglichkeit der Ausstellungsbesichtigung für die Hildesheimer Öffentlichkeit, Besichtigung durch Schulklassen sowie eine hochschulöffentliche Diskussionsveranstaltung durch das betreuende Studierendenseminar.

Die Ausstellung wurde im Rahmen des Aktionstages „Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ in Kooperation mit dem Hildesheimer Aktionsbündnis und der HAWK am 25.11.2022 eröffnet. Das Programm beinhaltete Grußworte von Brigitte Pothmer, Schirmfrau des Hildesheimer Aktionsbündnisses und Nicola Hille, Gleichstellungsbeauftragte der HAWK.
Studierende des Studiengangs Soziale Arbeit der HAWK waren auf  verschiedene Weise am Programm beteiligt:

  • im kulturellen Teil des Abends engagieren sie sich gemeinsam mit Musiker*innen aus der Stadt Hildesheim im Kontext des theaterpädagogischen Seminars unter Leitung von Annli von Alvensleben 
  • Studierende aus dem Seminar "Pädagogisch arbeiten am Beispiel einer Ausstellung zur Prostitution" unter Leitung von Sylvia Oehlmann sind an dem Tag für die Besucher*innen Gesprächpartner*innen, um auf der Grundlage des Seminars Aufklärung und Sensibilisierung für das Thema anzuregen

Hintergrund/Konzeption der Ausstellung

Die Ausstellung „gesichtslos - Frauen in der Prostitution“ widmet sich einem gesellschaftlichen Tabuthema: Frauen in der Prostitution. Sie sind täglich damit konfrontiert, ihre wahre Identität zu verbergen. In der Gesellschaft verstecken sie ihr Gesicht, träumen „gesichtslos“ von einem anderen Leben. Ausgehend von Erfahrungsberichten betroffener Frauen zeigt die Ausstellung 40 Schwarz-Weiß-Fotografien des Fotografen Hyp Yerlikaya. Er begleitete die Frauen von Amalie zwei Jahre lang mit der Kamera. Mit dem Mittel der Inszenierung sind eindrucksvolle Bilder entstanden, die das „gesichtslose“ Dasein dieser Frauen innerhalb unserer Gesellschaft widerspiegeln. Die Anonymität und der Schutz der Abgebildeten werden durch das Tragen weißer Masken gewahrt. In den Ausstellungstexten kommen sie selbst zu Wort und berichten von ihren Erfahrungen, Ängsten, Sorgen, aber auch Träumen und Hoffnungen.

 

Prostitution stellt immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema dar. Obwohl bereits 2002 die Sittenwidrigkeit der Prostitution abgeschafft und 2017 das deutsche Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten ist, führt die Mehrheit der Frauen ein Leben abseits der sozialen Wahrnehmung. Die gesellschaftliche Sichtbarmachung und die Anregung eines öffentlichen Diskurses über die oftmals prekären Lebens- und Arbeitswelten von Prostituierten in Deutschland sind Anliegen dieses Projektes. Viele Frauen in der Prostitution träumen von einem besseren Leben und davon, ihr bisheriges hinter sich zulassen. Die Ausstellung basiert auf Erfahrungsberichten von Frauen, die in der Prostitution arbeiten. Oft haben sie ihre Heimatländer verlassen, um der dortigen Perspektivlosigkeit zu entkommen und in Deutschland eine neue Existenz unter besseren Bedingungen anzufangen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Ihr Leben und auch ihre Tätigkeit finden abseits der Gesellschaft und unter prekären Umständen statt.

Die Öffentlichkeit hat oft einen voyeuristischen Blick auf Prostitution, wobei die verborgenen Parallelwelten und die damit verbundenen Belastungen unsichtbar bleiben. Viele Frauen leiden besonders darunter, dass sie ihre Tätigkeit und sprichwörtlich ihr Gesicht verbergen müssen. Hieraus entstand bei der Mannheimer Beratungsstelle Amalie die Idee, eine Fotoausstellung zu gestalten, die diesen Zwiespalt und das zerrissene Leben der Frauen aufzeigt.

Grundlage für die Fotoausstellung sind aufgezeichnete Interviews von Frauen, die in der Prostitution arbeiten oder bereits ausgestiegen sind. Sie erzählen von ihren Ängsten, ihrem Alltag und ihren Sehnsüchten. Gerade, weil diese Frauen ständig mit Diskriminierung und Ächtung der Gesellschaft rechnen müssen, wurden bei der Umsetzung der fotografischen Gestaltung Masken verwendet, um die Anonymität der insgesamt zehn dargestellten Frauen zu wahren. Der Fotograf Hyp Yerlikaya hat sie von 2019 bis 2021 begleitet. Insgesamt entstanden 1800 Fotos, aus denen 40 Arbeiten erstmals in der Ausstellung zu sehen sein werden. Es handelt sich nicht um klassische Dokumentarfotografie. Jene Aufnahmen, deren Bildinhalte die Grenzen des Zeigbaren oder Aussprechbaren erreichen und sich einer fotojournalistischen Dokumentation entziehen, greifen bewusst auf das darstellerische Mittel der Inszenierung zurück. Begleitende Text-Dokumentationen klären in der Ausstellung über das Thema „Prostitution“ auf, bieten Fakten und Informationen zur Einordnung und erzählen die anonymisierten biographischen Geschichten der Frauen. Das kuratorische Gesamtkonzept ist darauf ausgerichtet, dem Betrachter zu helfen, das Gezeigte einzuordnen und zu verstehen.

Katalog zur Ausstellung

Zur Ausstellung ist ein gleichnamiger Begleitband im Nünnerich-Asmus Verlag zum Preis von 25 Euro erhältlich. Infos unter: https://www.na-verlag.de

Die Beratungsstelle Amalie des Diakonischen Werks Mannheim bietet seit ihrer Gründung 2013 diesen Frauen umfassende Hilfe, ein ganzheitliches Beratungskonzept und Begleitung in belasteten Lebenssituationen. www.amalie-ausstellung.de; www.amalie-mannheim.de.

 

Möglichkeit der Besichtigung von Schulklassen

Bis 13. Dezember bestand die Möglichkeit der Besichtigung der Ausstellung durch interessierte Schulklassen der Berufs-, Fachschulen und Gymnasien in Hildesheim nach Terminabsprache.

Fachliche Begleitung

Studierende der Sozialen Arbeit der HAWK Hildesheim begleiteten die Schulklassen fachlich beim Besuch durch die Ausstellung. Die Studierenden haben sich in einem Seminars auf das Thema und die sozialpädagogische Begleitung von Jugendlichen in der Ausstellung vorbereitet.

Im Rahmen der Ausstellung werden Jugendliche angeregt, über gesellschaftliche Stigmatisierungsprozesse, sowie ihre Formen und Wirkungen nachzudenken und sich eigenen Standpunkten anzunähern.

Der Ausstellungsbesuch ist kostenlos.

Für weitere Informationen und Fragen steht Ihnen gerne als Ansprechperson zur Verfügung:
Telefonische Kontaktdaten: Sandra Zinngrebe +49/5121/881-692.