Erscheinungsdatum: 19.11.2009

<P>HAWK stellt niedersachsenweit einmaliges Projekt vor </P>

HAWK stellt niedersachsenweit einmaliges Projekt vor

Schon als eine der ersten vier Familiengerechten Hochschulen Deutschlands hat die HAWK Zeichen gesetzt. Jetzt hat sie sich ein weiteres Ziel auf die Fahnen geschrieben: Die HAWK soll barrierefrei werden. Als einzige Hochschule in ganz Niedersachsen hat die HAWK eigens für das Projekt „Barrierefreie HAWK“ eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle geschaffen und ein Projekt in großem Umfang gestartet. Seit 2007 arbeitet eine Projektgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Gisela Hermes daran, Barrieren für behinderte Menschen zu lokalisieren und abzubauen. Das Projekt wird aus Studienbeiträgen finanziert.

Drei Fahrstühle wurden in den letzen drei Jahren an verschiedenen Standorten eingebaut. Neben einer Umfrage unter Studierenden zum Verbesserungsbedarf wurden bereits vier Seminare zum Thema Verbesserung der Studienbedingungen für Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen mit Studierenden angeboten. Für Lehrende gibt es ein Konzept zur Fortbildung im Bereich „Barrierefreie Didaktik“ und wurde auch erstmals in Seminaren umgesetzt.

Weitere Fortbildungsangebote sind an den HAWK-Standorten Holzminden und Göttingen für dieses Semester geplant. Das Duderstädter Untermnehmen Otto Bock, Weltmarktführer im Bereich Orthopädietechnik hat der HAWK jetzt vier Rollstühle gestiftet, die als praktisches Sensibilisierungsmittel auch für diese Seminare dienen sollen. Ein ganz besonders ehrgeiziges Thema im Rahmen der „Barrierefreien HAWK“ ist zudem der geplante zentrale Hochschulcampus auf dem Gelände des jetzigen Hildesheimer Klinikums.

„Lassen Sie einen Planer einmal mit dem Rollstuhl ein Gelände erkunden. Die Schwellen, Hürden und Barrieren, die er nicht überwinden kann, vergisst er garantiert nicht mehr“, sagte Projektleiterin Gisela Hermes jetzt bei der Übergabe der Rollstühle. Acht Millionen Menschen in Deutschland lebten mit Behinderungen, erläuterte Hermes. Nur 4,5 Prozent davon hätten ihre Behinderung von Geburt an. Krankheit, Unfall oder Altersprobleme seien die Gründe für die Behinderung der anderen.

Auf der Basis von Studien könne man heute davon ausgehen, dass zehn Prozent der deutschen Bevölkerung ohne barrierefreie Umwelt gar nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten. Für dreißig bis vierzig Prozent der Menschen sei Barrierefreiheit notwenig. Für alle aber sei Barrierefreiheit komfortabel, man denke an Eltern mit Kinderwagen, oder nur temporär Kranke auf Krücken. Daran erkenne man, dass Barrierefreiheit mit großer Sicherheit für jeden ein Thema werden könne und vermutlich werde. Und dabei gehe es nicht nur um Rollstuhlfahrer, auch Sehbehinderte, Gehörlose oder chronisch Kranke fänden Barrieren vor, die den so genannten Normalen gar nicht auffielen.

„Warum wir uns auf diesem Gebiet so einsetzen? Die HAWK ist eine Hochschule, die ihren Bildungsauftrag nicht nur in inhaltlicher Hinsicht sehr ernst nimmt“, sagte HAWK-Präsident Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Thren. Für uns sind auch die organisatorischen Voraussetzungen, freien Zugang zu Bildung zu bekommen, von immenser Bedeutung. Und dabei ist es gar nicht so, dass sich eine große Zahl behinderter Studierender bei uns schon eingeschrieben hätte. Wir bauen vor, wir wollen für alle offen sein.“ Die von Otto Bock gestifteten Rollstühle seien ein Schritt auf diesem Weg und man solle ihn keinesfalls unterschätzen. Denn – ebenso wie bei der Familiengerechtigkeit – steckten die größten Hürden in den Köpfen der Menschen. Erst wer sich vorstellen könne, was eine Behinderung bedeute, wer sie am eigenen Leibe erfahren müsse, könne sich hineindenken und handeln.

„Begreifen was uns bewegt“, unter dieser Überschrift hat Otto Bock das Science Center in Berlin aufgebaut, das seit Eröffnung im Juni dieses Jahres schon 50.000 Besucher begrüßt hat. Unter diesem Titel steht auch die Spende der vier Sportrollstühle an die HAWK, betonte Dirk Artmann, Kommunikationschef von Otto Bock jetzt bei der Übergabe. Für Otto Bock seien die Ergebnisse des HAWK-Projektes entscheidend, „denn sie werden mittelfristig dafür sorgen, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätsbehinderung eine zentrale Rolle im Denken und Handeln der Hochschule haben“, betonte er.

Nach außen sichtbares Projekt im Rahmen der „Barrierefreien HAWK“ ist der neu gebaute Außenaufzug am historischen HAWK-Gebäude Hohnsen 2. Bei einem echten Praxistest mit Rollstuhl erprobten Projektmitarbeiterin Kerstin Blochberger und HAWK-Präsident Thren die Barrierefreiheit: Der Weg ins Gebäude sei unterdessen nicht mehr schwierig, sagte Blochberger. Eines der dringend anstehenden Projekte sei aber zum Beispiel der Weg aus dem Gebäude zur angrenzenden Mensa. Schwellen und Hindernisse ebenso wie Kopfsteinpflaster, das Gift für Rollstühle, behinderten hier noch den freien Zugang. „Das Thema gehen wir an“, versprach Thren. Viele einzelne Maßnahmen stehen jetzt schon auf der Agenda – neben dem Großprojekt zentraler Campus.

Prof. Werner Sauer und Kerstin Blochberger in Rollstühlen Prof. Werner Sauer und Kerstin Blochberger in Rollstühlen