"Wir müssen auf eine Frau zurückgreifen, weil es – leider Gottes – niemand anders gibt." Mit dieser Einstellung ermunterten 1915 die Mathematiker der Universität Göttingen Emmy Noether, einen Antrag auf Habilitation, auf den Erwerb der Lehrberechtigung an Hochschulen, zu stellen. Der Antrag war erfolglos, nach langwierigen Verfahren und Diskussionen lehnte das preußische Ministerium ab: Die Frage der Habilitation von Frauen müsse grundsätzlich entschieden werden, eine Ausnahme dürfe es nicht geben. Emmy Noethers Gegner befürchteten, ihre Karriere könnte eine beispielhafte Wirkung auf andere Frauen haben, und "die wissenschaftliche Höhe der deutschen Universitäten würde durch die Verweiblichung zweifellos sinken". Erst in einem zweiten Anlauf 1919 wurde Emmy Noether zur Habilitation zugelassen. Damit war sie die erste an der Göttinger Universität habilitierte Frau – erst 1920 folgte ein Erlass, der Frauen generell dieses Recht zusprach.
Emmy Noether schuf das Fundament für die moderne Algebra. Unter den Göttinger Mathematikern war sie in den zwanziger Jahren die produktivste. Einstein bezeichnete sie in einem Nachruf 1935 als das "kreativste mathematische Genie, das seit Beginn der höheren Erziehung für Mädchen geboren worden ist".
Mit einer Ausstellung über die Mathematikerin trägt das Frauenbüro der Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen einen weiteren Baustein zur Geschichte großer Frauen zusammen. Im Eröffnungsvortrag würdigte Dr. Cordula Tollmien aus Hannoversch Münden das Leben und Wirken der "Mutter der Algebra". Noether war Tochter eines jüdischen Mathematikprofessors. Schon die Einschreibung an einer Universität war für sie als Frau nicht einfach. Sie musste zunächst als Gasthörerin anfangen. 1907 schloss sie ihr Studium mit einer ausgezeichneten Promotion ab. Sie arbeitete ohne Gehalt und Anstellung acht Jahre lang am Mathematischen Institut in Erlangen..
Nach der Habilitation wurde Emmy Noether zur außerordentlichen, nicht beamteten Professorin ohne Gehalt ernannt. Bis zum Alter von 41 Jahren bezog sie keinerlei Einkünfte für ihre wissenschaftliche Tätigkeit, sondern musste von einem kleinen Vermögen leben, das ihr Vater hinterlassen hatte. Erst 1923 erhielt sie einen Lehrauftrag, der mit einem geringen, aber festen Gehalt verbunden war.
Die Gleichstellung mit den männlichen Professoren traf Emmy Noether erst im Jahr 1933: Da sie jüdischer Herkunft war, wurde ihr von den Nazis die Lehrbefugnis entzogen. Kollegen, die sich bereits in Amerika befanden, verschafften ihr eine Gastprofessur in den USA. Im Alter von 53 Jahren starb Emmy Noether an den Folgen einer Operation.
Die Ausstellung "Emmy Noether. 1882 – 1935" wurde von Dr. Ursula Brechtken-Manderscheid, Professorin an der mathematischen Fakultät der Universität Würzburg, zusammengestellt. Eine Fülle von Fotos und schriftlichen Belegen dokumentieren das Leben einer ganz "uneitlen Frau, die einfach nur wissenschaftlich arbeiten wollte". Die Ausstellung ist in der Zentralbibliothek der Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen , Goschentor 1, bis zum 2. April 2001 montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr, freitags von 9 bis 15 Uhr zu sehen.
P.S: Falls gewünscht, können wir auch ein digitales Foto von Frau Tollmien und den beiden Frauen aus dem Frauenbüro sowie ein Ausstellungsfoto liefern.