Fragen an die ersten Absolventinnen am Gesundheitscampus Göttingen

Erscheinungsdatum: 01.07.2020

Tatsächlich habe ich kein duales Studium gemacht. Der Studiengang wurde damals erstmalig Auszubildenden der Pflege angeboten. Einige Studienplätze konnten mit examinierten Pflegenden besetzt werden, die berufsbegleitend das Studium absolvierten. Zu dieser Gruppe gehöre ich.

 

Als der Studiengang konzipiert wurde, habe ich durch meine Tätigkeit in der Universitätsmedizin Göttingen die grobe Planung und auch Hintergründe mitbekommen. Mein Interesse war geweckt, da der Studiengang nicht die herkömmliche Studienrichtung Management und Pädagogik bediente, sondern insbesondere „Pflege“ also die Patient/inn/enversorgung. Ich spielte zu dem damaligen Zeitpunkt schon sehr lange mit dem Gedanken zu studieren und durch die passenden Rahmenbedingungen habe ich mich dazu entschlossen, mich auf einen Studienplatz zu bewerben.

 

Zurückblickend auf Ihre Studienzeit, wie bewerten Sie eine Akademisierung des Berufs?

Die Akademisierung steht noch in den Anfängen, insbesondere was den Anteil akademisch Pflegender in der direkten Patient/inn/enversorgung betrifft. Das heißt, neue Rollenbilder kommen in die pflegerische Berufspraxis, was jedoch noch für Unsicherheiten sorgt.
Deutschland hat im internationalen Vergleich noch eine sehr junge Forschungstradition im Bereich der Pflege, sodass z.B. im Hinblick auf die Beantwortung spezifischer Fragestellungen auf internationale Literatur zur jeweiligen Thematik zurückgegriffen wird.


Was waren für Sie positive Erfahrungen, Themen, Inhalte?


Während des Studiums sind viele Aspekte hinsichtlich der Versorgung von Patient/inn/en zu Tage getreten, die zum einen eine hohe Relevanz haben und zum anderen bearbeitet und beforscht werden müssen.
Weitere positive Erfahrungen waren die Kontakte zu den anderen Berufsgruppen, Kommilitonen und Lehrenden, die uns vieles mit auf den Weg gegeben haben.
Durch die Studienzeit habe ich viele neue Sichtweisen und Kenntnisse erworben, die ich ohne dieses nie erlangt hätte.  


Der Gesundheitscampus hat einen interprofessionellen Schwerpunkt. Welche Kompetenzen nehmen Sie hier mit?   

In meiner beruflichen Berufspraxis bemerke ich, dass ich interprofessionell denke. Ich bin der Auffassung, dass das gemeinsame Lernen einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat. Als wesentlich erachte ich hierbei das gegenseitige Verständnis füreinander, insbesondere für die jeweiligen Tätigkeiten im Praxisfeld. Relevant ist, dass der Patient/die Patientin im Mittelpunkt steht und die Versorgung im interprofessionellen Kontext geplant und durchgeführt wird und die Ressourcen und Fähigkeiten der einzelnen Berufsgruppen effizient im Sinne der Patient/inn/en genutzt werden. Wesentlicher Bestandteil ist hierbei die interprofessionelle Kommunikation.


Sie haben Ihr Studium zu Zeiten der Coronavirus-Pandemie abgeschlossen. Mit welchen Hürden hatten Sie zu kämpfen?

Die Hochschule hat zu Beginn der Coronavirus-Pandemie sehr zügig auf digitale Lehre umgestellt, sodass das Semester rechtzeitig starten konnte. Insgesamt hat das sehr gut funktioniert. Jedoch hat der direkte Kontakt zu Kommilitonen gefehlt, die Gespräche auf dem Flur sozusagen ;).

Was sind hierbei rückblickend positive Effekte gewesen?

Wir haben die digitalen Möglichkeiten des Stud-IP zum Ende hin noch einmal richtig genutzt und kennen gelernt.  Ebenso ist der digitale Kommunikationsweg zum Normalzustand geworden, was mich freut.


Welche beruflichen Ziele/ Herausforderungen sehen Sie für sich zukünftig?

Ich habe viele Erkenntnisse im Studium hinzugewonnen und möchte diese gerne mit meinen Kolleg/inn/en teilen. Zudem würde ich gern andere Studierende auf ihrem Weg unterstützen.
Als Herausforderung sehe ich die noch unklaren Rollen, die mit akademisierten Pflegenden einhergehen.
 

Was war Ihre wichtigste Erfahrung, die Sie während des Studiums machen konnten?


Eine wichtige Erfahrung für mich war, über den Tellerrand hinweg zu denken und zu agieren, z.B. wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen geht bzw. im Sinne der Patient/inn/en sektorenübergreifend zu denken. Man darf den Patienten/die Patientin nicht nur ab der Klinikpforte bzw. bis zur Klinikpforte wahrnehmen und versorgen, sondern darüber hinaus. Eine wichtige Gruppe, welche häufig nicht im Fokus steht, sind die Angehörigen. Diese müssen zukünftig viel stärker in den Pflegeprozess miteinbezogen werden, da diese häufig im häuslichen Bereich eine wichtige Rolle in der Versorgung der Patient/inn/en einnehmen.

Die wichtigste Erfahrung oder Erkenntnis, die ich gesammelt habe, ist, dass der Pflegeberuf ein hochkomplexer und facettenreicher Beruf ist, in dem man täglich dazulernen kann bzw. muss.


Welchen Rat würden Sie jetzt in der Rückschau den Studienanfänger/inne/n mit auf den Weg geben?

Letztendlich, sich gut zu organisieren und zu strukturieren.
Auch wenn der Berg an Aufgaben anfänglich groß erscheint – wenn man den Großteil des Berges abgearbeitet hat, relativiert sich vieles und man ist im Nachhinein froh über das Geleistete.