Monom – 21 HAWK-Studierende eröffnen ein Museum der Langeweile

Erscheinungsdatum: 18.08.2020

Ob Arbeit, Freizeit oder Beziehung – das moderne Leben der westlichen Gesellschaft ist komplett durchgetaktet. Bleibt dann doch mal Zeit, erfolgt schnell der Griff zum Smartphone oder Tablet – bloß keine Langeweile aufkommen lassen. Warum eigentlich nicht? Genau das fragten sich 21 Studierende der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim. Unter dem Titel “Monom” und der Leitung von Prof. Mathias Rebmann und Dozent Vincent Timm haben sie in einem Ladengeschäft in der Arneken Galerie eine interaktive Ausstellung zu dem Thema eröffnet.

Durch die Coronavirus-Pandemie ist das Thema Langeweile sicher aktueller denn je. Durch Vereinsamung und Monotonie trat dieses oft negativ behaftete Phänomen bei vielen Menschen auf. „Bei uns geht es aber um Langeweile als universelles Gefühl“, erklären die beiden Projektleiter Prof. Rebmann und Dozent Timm: „Wir betrachten Langeweile aus verschiedenen Blickwinkeln. Es gibt ja mittlerweile den Bore-Out, also das Gegenteil von Burn-Out, wenn Menschen in ihrem Job unterbelastet sind. Doch Langeweile ist mehr als Eintönigkeit und Isolation.“ Zu erwarten ist also eine Art Image-Kampagne für die Langeweile, denn genau darum geht es laut Prof. Rebmann, der im Kompetenzfeld Advertising lehrt: „Kommunikation ist so zu kreieren, dass ein Thema zugänglich gemacht wird, dass man es versteht und sogar noch etwas lernt.“ Ergänzend hinzu kam Vincent Timm, der im Kompetenzfeld Digital Environments lehrt: „Wir haben uns dann überlegt, wie man die Ideen und Erkenntnisse mit den medialen Möglichkeiten verbinden kann.“

Interpretationen der Langeweile auf 100 Quadratmetern

Die ausgearbeitete, inhaltliche Vielfalt hat das Team in Form von Interpretationen der Langeweile als sechs erlebbare Exponate auf 100 Quadratmetern visualisiert. Gleich zu Beginn der Ausstellung geht es im rechten Teil der Installation "Warteraum" um "auditives Warten". Aus einem Kopfhörer ertönen verschiedene Geräusche, die für Wartesituationen typisch sind. Scrollt man durch das auf einem Tablet installierte Menü, so erklingt Straßenverkehr oder der Piepton eines Telefons. „Auf einem Block kann man dann Gedanken notieren oder Zeichnungen festhalten, die an der Außenwand ausgestellt werden können“, erklären mit Team-Mitglieder Madeleine Kann und Isabella Zasucha.

Gegenstände beginnen ihre Geschichte zu erzählen

Es folgt eine Ausstellung von vermeintlich langweiligen Gegenständen wie einem öffentlichen Mülleimer, einem Aschenbecher oder einem Rucksack. Doch natürlich darf man sich nicht täuschen lassen – scannt man mit dem Smartphone die QR-Codes unter den Exponaten, beginnen die Gegenstände ihre Geschichte zu erzählen. „Die Idee kam uns durch einen Podcast, in dem Alltagsgegenstände interviewt werden“, erklären die beiden Studentinnen Ann-Sophie Cyphol und Julie Moser, die sich diesen Teil der Ausstellung ausgedacht haben.

Wischen um des Wischens willen

Für echte Selbsterkenntnis sorgt die Installation „Monoscrolling“ von Aileen Tobinski und Lukas Banas kurz vor Ende der Ausstellung. „Wir verstehen hier das Handy als modernen Schnuller und zeigen, warum wir das so sehen“, erklären die beiden lachend. Auf drei Bildschirmen sieht man eine Grafik, die auffallend an die Social-Media-Plattform Instagram erinnert. Nur das es einfarbige Bilder sind, durch die man sich bei ihrem Spiel, programmiert von Mitbewohner und Informatik-Student Till Strzyso, durchwischt. Ab und zu vibriert eines der Quadrate, man tippt drauf, und irgendwann kommt die „Belohnung“, wenn die Installation von digitalem Jubel begleitet „Good Job“ anzeigt. Wischen um des Wischens willen. Monoton und sinnfrei. „Kaum haben wir Langeweile, dann holen wir das Handy raus und schauen die Timelines in den sozialen Medien an. Irgendwann sind wir damit fertig – und uns geht es genauso wie zuvor“, erklärt Tobinski.

Ein eigenes Hygienekonzept

All diese und weitere Ideen unter einen Hut gebracht hat Masterstudentin Johanna Wuttke, die in dem integrativen Seminar, das allen Studierenden sämtlicher Kompetenzfelder offensteht, die Ausstellung kuratiert hat. Neben der Einhaltung des Budgets hat sie auch das Hygienekonzept erarbeitet, das beispielsweise ausreichend Abstand zwischen allen Exponaten bietet. „Ich bin total zufrieden mit dem Ergebnis. Vor allem, wenn man bedankt, dass wir alles online geplant haben und ohne Werkstätten auskommen mussten.“ Am Ende des Rundgangs steht fest: Langeweile kommt in „Monom“ auf keinen Fall auf – und wenn, dann nur, damit sie sich sofort kreativ nutzen lässt.

Öffnungszeiten

Der betreute Ausstellungszeitraum der interaktiven Exponate läuft vom 15. bis 29. August, immer werktags von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Der unbetreute Ausstellungszeitraum ohne interaktive Exponate findet vom 31. August bis 12. September, immer werktags von 09:30 bis 19:00 Uhr statt und zwar parallel zu den regulären Geschäftszeiten der Arneken Galerie in der Arnekenstraße 18.

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