#hawkconnected: Regionalreferent im ZZHH Jan Schametat

Erscheinungsdatum: 03.04.2020

Das Zukunftszentrum Holzminden-Höxter (ZZHH) ist ein Kooperationsprojekt der HAWK und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Auch das ZZHH ist in das Homeoffice umgezogen: Wie sieht der Alltag für die Mitarbeitenden dort jetzt aus? Regionalreferent Jan Schametat: 

Rückblickend muss ich sagen, dass es für mich wohl dieser Freitag, der 13. März, war, der einen Schlussstrich unter alle Illusionen zog. Drei Wochen später ist nichts mehr wie es war. Ich kann diesen Text nur schreiben, weil ich mir einige kniffelige Matheaufgaben für meinen sechsjährigen Sohn überlegt und für danach ein Puzzle bereitgestellt habe. Während meiner langjährigen Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zukunftszentrum Holzminden-Höxter (ZZHH) war ich bisher nicht in der Lehre tätig. Seit dem 16. März bin ich ehrenamtlich privater Grundschullehrer. Sachen gibt’s.

Die ZZHH-Arbeit im Homeoffice empfinde ich tatsächlich als wenig spektakulär. Es ist keine unbekannte Ausnahmesituation. Die clevereren der vielen Ideen und die relevanten Erkenntnisse zu Transformationsprozessen in ländlichen Räumen entstehen ohnehin in dieser Atmosphäre. Das Büro hingegen fehlt an anderer Stelle. Der große Vorteil eines Großraumbüros liegt doch in der Nähe zum Team. Fragen auf Zuruf klären. Ein Pläuschchen zur Auflockerung zwischendurch oder der fachliche Austausch beim gemeinsamen Mittagessen. All das fehlt jetzt. Manch einer, dem das Telefonieren hin und wieder zu viel oder laut ist, mag sich dieses kleinere Übel nun vielleicht zurückwünschen.

Aktuell gilt es im ZZHH, einige Drittmittelanträge auf den Weg zu bringen. Das geht ganz ohne Weiteres von zu Hause aus. Auch hier auf dem Dorf ist eine Webkonferenz ohne Probleme möglich, wenn mein Sohn nicht gerade parallel eine Tierdokumentation streamt. Dafür ertappe ich mich häufiger dabei, Telefonate über den dienstlichen Zweck hinaus zu ziehen. Der Austausch fehlt mir.

Ansonsten entpuppen sich in der Krise ganz andere Vorteile des ländlichen Raumes, die zwischenzeitlich auch mediale Aufmerksamkeit erlangt haben. Das ist auch für die Forschungsgegenstände des ZZHH höchst spannend. Wie stellt sich der Stadt-Land-Vergleich in dieser Krise dar? In meinem Einfamilienhaus mit Garten und Wald in fußläufiger Nähe halte ich diese Quarantäne-light ohne Weiteres zwei Jahre durch. Ich denke aber auch immer wieder daran, wie es sein muss, die Situation in einer vierzig Quadratmeter Wohnung ohne Balkon in einer Großstadt zu erleben. In der Süddeutschen Zeitung entschuldigte sich bereits ein Kolumnist unter dem Druck der aktuellen Lage für seine früheren abfälligen Kommentare zu ländlichen Regionen. Wir wollen ihm verzeihen. Die Welt ist heute eine andere.

Die Arbeit des ZZHH an den Drittmittelanträgen ist auch daher so wichtig, da niemand so genau weiß, wie sich die Kulisse der Forschungsförderung vor dem Hintergrund der aktuellen Krise zukünftig verändern wird. Zurzeit trägt uns noch die Hoffnung, dass die bereits angeschobenen Förderlinien auch zur Abwicklung kommen. Aber wenn uns diese Krise eines lehrt, dann, dass die Wahrheit von gestern Morgen schon absurder Unfug sein kann. Als kleines Trostpflaster wird als letzte Gewissheit am Ende dieser Krise auf der Habenseite stehen, dass wir klüger herauskommen als wir hineingegangen sind. Sehr sicher wird auch der Stellenwert der Wissenschaft ein anderer sein, was uns als Forschenden an der HAWK Mut machen darf. Im chinesischen setzt sich der Begriff Krise aus zwei Schriftzeichen zusammen: Gefahr und Chance. Ich hoffe im Kleinen wie im Großen, dass es gelingen wird auch die Chancen zu sehen und zu ergreifen.

Ich muss jetzt aufhören zu schreiben und eine Runde Fußball mit meinem Sohn spielen. Der hatte jetzt wirklich genug Geduld mit mir.

"Bleiben Sie gesund und rufen Sie ruhig mal an. Hab‘ umgeleitet!
Jan Schametat