Forscher*innen-Team veröffentlicht Handlungsempfehlungen für Therapie per Video

Erscheinungsdatum: 06.04.2023

Mit Beginn der Corona-Pandemie mussten die Karten in allen Bereichen der Gesellschaft von heute auf morgen neu gemischt werden. Aufgrund von Kontaktbeschränkungen verlagerte sich der Fokus, dort, wo erforderlich, sehr plötzlich auf die Entwicklung digitaler Lösungen, so auch im Gesundheitsbereich. Unter anderem wurde der Videotherapie in der Logopädie in Deutschland eine neue Bedeutung beigemessen. 

Aus diesem Anlass führte die HAWK – Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen das Forschungsprojekt „Videotherapie in der ambulanten Logopädie/Sprachtherapie in Berlin/Brandenburg (VitaminB)“ durch. Die Forscher*innen erhofften sich, förderliche und hinderliche Faktoren bei der Nutzung von Videotherapie in der ambulanten Logopädie und Sprachtherapie aufzeigen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Das Projekt lief das gesamte Jahr 2022 und wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit als Modellprojekt der Zukunftsregion Digitale Gesundheit unterstützt.

 

Auf internationaler Ebene ist die Teletherapie für logopädische Patient*innen schon seit Jahren etabliert. Nationale Studien zeigen, dass aus therapeutischer Sicht auch hierzulande Potential für die Behandlung mit dem Computer als Medium besteht, die entsprechenden Konzepte für die Anforderungen an die Gegebenheiten jedoch noch ausstehen.

Ziel des Vorhabens „VitaminB“ war es daher, Erkenntnisse über die Akzeptanz und Zufriedenheit der logopädischen Videotherapie aus Sicht von Nutzer*innen, Patient*innen, Angehörigen und Therapeut*innen zu gewinnen. Das Projekt stand unter Leitung von Prof. Dr. Juliane Leinweber von der HAWK-Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit, Gesundheitscampus Göttingen, und Prof. Dr. Bernhard Borgetto von der HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, Hildesheim.

Für die Erhebung führten die Forscher*innen 30 Interviews mit Vertreter*innen der betreffenden Zielgruppen. Die Befragungen waren retrospektiv angelegt, es floss die Vorgeschichte der Betroffenen mitsamt den erhobenen Patient*inneninformationen in die Untersuchungen ein. Die Ergebnisse der Interviews diskutierten die Wissenschaftler*innen mit einer Auswahl der Teilnehmer*innen in einer sogenannten Fokusgruppe und entwickelten die daraus gewonnenen Erkenntnisse weiter. In dieser Gruppe wurden unter anderem Förderfaktoren und Grenzen der Videotherapie in der Logopädie besprochen. Außerdem sollten Unterschiede in den Anforderungen an diese Art der Therapie bei den verschiedenen Zielgruppen analysiert und Handlungsempfehlungen für die Praxis sowie für die Politik und auch Anbieter von Therapieplattformen abgeleitet werden.

Juliane Leinweber gibt einen Ausblick auf die aus der Studie resultierenden Schritte, um das Projekt in eine erfolgreiche praktische Umsetzung zu überführen: „Nun gilt es, die rechtlichen, finanziellen und technischen Grundlagen zu schaffen, um Videotherapie zu einem dauerhaften Element der ambulanten logopädischen Versorgung auch bei uns in Deutschland zu machen und im internationalen Vergleich hier nicht mehr hinterherzuhinken. Potenzielle Nutzer*innen von Videotherapie müssen über deren Mehrwert aufgeklärt, Hürden transparent gemacht und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.“ Und ihr Kollege Bernhard Borgetto, fügt hinzu: „Nur so kann Videotherapie bestmöglich gelingen. Darüber hinaus raten wir dazu, den Implementierungsprozess der Videotherapie weiter wissenschaftlich zu begleiten. Wir empfehlen, in regelmäßigen Abständen zu bewerten, wie sich das Nutzer*innenverhalten bei der Videotherapie entwickelt, und welche Bedarfe sich für die Praxis, den Digitalisierungsprozess sowie den rechtlichen Rahmen ableiten. So wird es uns gelingen, diese zukunftsweisende Therapieform in idealer Weise in die Regelversorgung zu überführen.“

Das nun abgeschlossene Projekt wurde im Rahmen der Initiative „Zukunftsregion Digitale Gesundheit“ (ZDG) mit rund 122.000 Euro vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Ziel der der auf drei Jahre angelegten Initiative ZDG war es, die Einbindung digitaler Anwen-dun¬gen in den Versorgungsalltag zu testen.


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