HAWK-Fakultät Naturwissenschaften und Technik in Göttingen feiert 25jähriges Bestehen

Publizierungsdatum: 09.06.2017

 „25 Jahre Fakultät Naturwissenschaften und Technik, das bedeutet 25 Jahre anwendungsorientierte Forschung am Standort Göttingen. Seit einem Vierteljahrhundert greift die Fakultät aktuelle naturwissenschaftliche Fragestellungen auf und liefert praxisrelevante Lösungen“, sagte Andrea Hoops, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur anlässlich des Festaktes in Göttingen.

„Ihre Leistungsfähigkeit wird in zahlreichen Erfolgen sichtbar. Auch zeigt sich hier in vorbildhafter Weise, was eine exzellente regionale Verankerung zu leisten in der Lage ist.“ Hoops hob in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung des Gesundheitscampus Göttingen hervor, der organisatorisch an der Fakultät Naturwissenschaften und Technik angesiedelt ist. Beim Gesundheitscampus ergänzten sich die Stärken der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und der HAWK zu einem weiteren Wettbewerbsvorteil der Region: „Ich kann Ihnen weiterhin unsere Unterstützung zusagen.“

 



Initiative der Wirtschaft

Prof. Dr. Christopher Frey, Dekan der Fakultät Naturwissenschaften und Technik, hatte zuvor die Gäste begrüßt und seiner Fakultät gedankt. Für Thomas Oppermann, Göttinger Bundestagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der SPD, war der Besuch an der Fakultät Naturwissenschaften und Technik ein Heimspiel. Oppermann, der von 1998 bis 2003  Minister für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen war,  kennt die Zietenterrassen quasi wie seine Westentasche. Schon beim Richtfest für den Neubau Präzisionsfertigungstechnik im Februar 2001 war er dabei. Oppermann hob hervor, dass die Gründung der Fakultät eine Initiative der regionalen Wirtschaft gewesen sei und dass die Unternehmen die weitere Entwicklung auch mit dem Förderverein weiter intensiv begleitet hätten.  Auch der Gesundheitscampus Göttingen reagiere auf Bedarfe aus der Region.

Veränderung nichts Neues

Dr. Marc Hudy, HAWK-Präsident (m. d. W. d. G. b.) und Hauptamtlicher Vizepräsident der HAWK, richtete seinen ausdrücklichen Dank an die Landesregierung, die diese beachtliche Entwicklung möglich gemacht habe. Letztlich seien es aber die Menschen, die Dinge vorantrieben und gerade für die Menschen der Fakultät Naturwissenschaften und Technik sei Veränderung nichts Neues. Die Fakultät sei eine Ideenschmiede für die Region. „Jetzt bieten Sie den Rahmen für den Gesundheitscampus. Danke dafür“, sagte Hudy.

Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, hauptamtlicher Dekan und Sprecher des Vorstands der Universitätsmedizin Göttingen würdigte die Zusammenarbeit beim Gesundheitscampus Göttingen als „Kooperation auf Augenhöhe“, ebenso wie die Tatsache, dass das Land in Rekordzeit die Ressourcen für das Projekt zur Verfügung gestellt habe. Der demografische Wandel bringe für die UMG mehr Patienten und weniger Personal mit sich. Es sei nötig, traditionelle Arbeitsgebiete neu zu definieren. Mit der Kooperation beim Gesundheitscampus werden wir ein attraktiver Partner in der Region bleiben.“

Rolf-Georg Köhler, Oberbürgermeister der Stadt Göttingen, betonte, die besondere Kraft der Region entstehe aus der Vernetzung verschiedenster Wirtschafts- und Wissenschaftseinrichtungen. „Göttingen hat sich zu einem breit aufgestellten und hochkarätigen Wissenschaftsstandort entwickelt.

Fakultät zum Anfassen

Bernhard Reuter, Landrat des Landkreises Göttingen, lenkte den Blick auf die Offenheit der Fakultät Naturwissenschaft und Technik für die Menschen und die Region. Beleg dafür seien die Infotage, der Zukunftstag, die Beteiligung an der Göttinger Nacht des Wissens, kurz: eine Fakultät zum Anfassen.

„25 Jahre helle Köpfe für die Region“, sagte Prof. Dr. Gerd Litfin, Mitbegründer der Fakultät und bis zum Tag des Festaktes 28 Jahre Vorsitzender des Fördervereins FFG: „Sie haben die Ziele deutlich übererfüllt.“ Als Geburtstagsgeschenk brachte Litfin einen 10.000-Euro-Scheck des Fördervereins für das Team „Blue Flash“ von Formula Student mit, das einen Elektrorennwagen  konstruiert.

Nochmal starten

Prof. Dr. Thomas Hirschberg, erster Dekan der Fakultät Naturwissenschaften und Technik, berichtete launig von den Anfängen der Fakultät im Behelfsquartier Carl-Zeiss-Straße, wo viel organisatorische Kreativität und gute Nerven gefragt waren. Das bestätigte auch Karin Hoyer, Studentin der „ersten Stunde“, die sich gut daran erinnerte, dass sie und ihre Kommilitonen die Maschinen damals noch selbst ausgepackt und getestet haben. Heute liebäugele sie sogar, noch einmal berufsbegleitend den Master Prazisionsmaschinenbau zu studieren: „So wie die Fakultät heute aufgestellt ist, würde ich glatt nochmal starten.“

Für die musikalische Begleitung hat eine sechsköpfige Schüler/innengruppe aus Hann. Münden der Kreismusikschule Göttingen/Osterode unter der Leitung von Anja Sievers gesorgt.

----------------------------------------------------------------------------------

Hintergrund
HAWK-Fakultät Naturwissenschaften und Technik

Daten

2017:

Fakultät Naturwissenschaften und Technik in Göttingen

Studierende WS 2016/2017: rund 750, davon 121 Frauen
Professor/inn/en: 21
Mitarbeitende einschl. befristete Forschungsmitarbeitende: rund 60

1992:

Im Sommersemester 1992 startet das Praxisverbundstudium in Göttingen mit zunächst je fünf Studienplätzen und zwei Professoren für Physiktechnik, Messtechnik und Feinwerktechnik am Standort Göttingen der damaligen Fachhochschule Hildesheim/Holzminden

Erster Dekan: Prof. Dr. Thomas Hirschberg

Geschichte

Mitte der 1980er Jahre

Die Idee entstand aus unternehmerischem Ehrgeiz des zielstrebigen Vorstandsvorsitzenden und außerplanmäßigen Professors für Physik an der Leibniz Universität Hannover, Dr. Gerd Litfin. Litfin war damals Geschäftsführer des Göttinger Unternehmens Spindler & Hoyer, später LINOS AG, und holte Ewald Gevert (Fischer und Porter), Ernst Ruhstrat von der Firma Ruhstrat und Herbert Freyhardt (Universität Göttingen) an einen Tisch. Man war sich einig, dass zu florierenden Unternehmen der Messtechnik und der optischen Technologien erstklassige Nachwuchsingenieure mit spezifischem Profil gehörten, dass auch die naturwissenschaftlichen Institute der Universität Göttingen ebenso wie die Forschungsinstitute solche Leute dringend bräuchten und dass nur im Verbund die gesamte Region wirtschaftliche Schlagkraft bekommen könne.

Notiz im Göttinger Tageblatt

Die Hochschulen, die eine Ausbildung mit der passenden Prägung anboten – es war Mitte der Achtziger Jahre –  lagen in Lübeck und in Wilhelmshaven und mithin zu weit weg für gedeihliche Kooperationen.  Die Notiz im Göttinger Tageblatt, verfasst vom inzwischen verstorbenen Redakteur Michael Bockemühl, kam im passenden Moment. Bockemühl, um die Wünsche der Firmenchefs wissend, hatte bei einer Veranstaltung in Hildesheim aufgehorcht, wo der damalige Rektor der Fachhochschule Hildesheim/Holzminden, Prof. Dr. Klaus Below, von Erweiterungsplänen der Hochschule in Richtung Maschinenbau gesprochen hatte. Das Tageblatt veröffentlichte besagte Notiz, die wiederum Litfin die Grundlage bot, das Gespräch mit Below zu suchen. Dieser zeigte sich äußerst aufgeschlossen, das Wissenschaftsministerium später dann ebenfalls.

Studie ermittelt Bedarf

Die Göttinger Unternehmer ermittelten in einer Studie bei 14 Firmen einen Bedarf an 500 Ingenieuren in fünf Jahren, eine so genannte Denkschrift mit Inhalten und Zielen des Studienangebots wurde mit Hilfe des Instituts für Strukturforschung und Entwicklungsplanung in Hannover erarbeitet. Das Besondere am neuen Konzept: ein Studienangebot im Praxisverbund, das heißt, die Studierenden sind gleichzeitig Lehrlinge in Unternehmen und absolvieren während des Studiums eine betriebliche Ausbildung.

Zitterpartie um Standort Göttingen

Die Industrie- und Handelskammer, die sich zwar der Förderung von Berufsakademien gewidmet hatte, war jedoch so überzeugt von der geplanten Ausrichtung, dass sie als Unterstützer der Hochschule gewonnen werden konnte. Der Wissenschaftsrat hatte sich ohnehin die Förderung der Fachhochschulen auf die Fahne geschrieben. Zur Zitterpartie wurde kurzfristig noch die Frage, ob so ein Fachbereich besser in Hildesheim als in Göttingen aufgebaut werden solle.

Zum einen hatten Hildesheimer Unternehmen auch Interesse angemeldet, zum anderen stand die Frage an, ob die ebenfalls in Göttingen angesiedelte Försterausbildung der Fachhochschule nach Hannoversch-Münden verlagert werden sollte. „Nur beide Fachbereiche gemeinsam in Göttingen zu führen war aus Hochschulsicht sinnvoll“, sagte Prof. Dr. Johannes Kolb, der spätere Präsident der Hochschule. Gerd Litfin, 2015 mit dem HAWK-Preis ausgezeichnet, berichtete später: „Am 28. Februar 1990 kam der Anruf aus dem Wissenschaftsministerium mit der Nachricht: ‚Kein Zweifel mehr am Standort Göttingen‘.“ 1991 nahm die Errichtungskommission ihre Arbeit auf. Die eigentliche Geburtsstunde des Fachbereiches Physik-, Mess- und Feinwerktechnik (PMF) schlug dann am 4. März 1992 mit einer Feierstunde im Alten Rathaus der Stadt Göttingen. Die ersten zwölf Studentinnen und Studenten wurden für das Studium ab dem Sommersemester 1992 immatrikuliert.

Hinterm Bahnhof

Nach einiger Suche waren auch nicht eben luxuriöse Räume hinter dem Göttinger Bahnhof bezogen worden. Einer der Aufbau-Pioniere und erster Dekan der Fakultät Naturwissenschaften und Technik, Prof. Dr. Thomas Hirschberg, erinnert sich: „Wir hatten ein Telefon und mussten zum Kopieren in die benachbarte Schule gehen. Unsere Studierenden konnten wir morgens fast noch einzeln begrüßen.“ Aber die ersten zwölf Studierenden konnten loslegen –  am Fachbereich Physik-, Mess- und Feinwerktechnik (PMF).

Zietenterrassen

Zum Studium im Praxisverbund kam später das reine grundständige Studium hinzu. PMF war Mitte der  neunziger Jahre ein funktionierender Fachbereich. 1997 hatte dann auch die Raumnot ein Ende. Der Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Zietenkaserne konnte bezogen werden.

Im September 2000 empfing der damalige Dekan, Prof. Dr. Klaus Bobey, die ersten Studierenden des neuen Studiengangs Präzisionsfertigungstechnik. Inzwischen sind auch Masterstudiengänge installiert. Aus dem Forschungsbereich Laser- und Plasmatechnologie heraus gelingt es, 2012 das Anwendungszentrums für Plasma und Photonik des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik IST samt Neubau auf die Zietenterrassen zu holen. Derzeit ist ein weiterer Forschungsneubau in Planung.

Forschung

Die ersten Forschungsprojekte startet der damalige Fachbereich Physik-, Mess- und Feinwerktechnik 1996 und 1997 mit den AGIP-Projekten „Asymmetrischer Magnet für MR-Tomographie“ und „Kompakter CO2-Laser“. 2000 wird der VW-Vorab-Forschungsschwerpunkt „Laser- und Plasmabehandlung von Holz“ genehmigt. 2002 wird das erste Forschungsinstitut, das „Institut für Mechatronik und angewandte Photonik IMAPH“ der N-transfer GmbH gegründet.

2007 erhält Prof. Dr. Wolfgang Viöl den Niedersächsischen Wissenschaftspreis für einen herausragenden Wissenschaftler. Seit 2014 kann die Fakultät damit insgesamt 16 Forschungspreise entgegennehmen.

2012 gewinnen die Fakultät Naturwissenschaften und Technik und die Uni Göttingen mit PlaNaWood eines von sieben geförderten Graduiertenkollegs in Deutschland in der Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für Forschungskollegs. Ebenfalls 2012 gelingt es, das Anwendungszentrum für Plasma und Photonik des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik IST auf die Zietenterrassen zu holen. Im selben Jahr gewinnt die Fakultät eine der vom Land Niedersachsen ausgeschriebenen Forschungsprofessuren für Fachhochschulen.

2013 wird der HRK-Forschungsschwerpunkt “Laser und Plasmatechnologie” in die Fachhochschul-Forschungslandkarte aufgenommen. 2016 geht die Fakultät bei der  Evaluation der Forschung an Fachhochschulen durch die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen als forschungsstärkste Fakultät Niedersachsens hervor. 2015 schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das 100-Millionen-Euro- Programm „FH Impuls“ aus, um zehn deutsche Fachhochschulen zu fördern. 2016 bekommt die HAWK die Zusage und wird mit ihrem Konzept „Plasma for Life“ mit 6,5 Millionen Euro für vier Jahre gefördert. Der Forschungsschwerpunkt „Laser- und Plasmatechnologie“ gehört damit zu den zehn besten von rund 300 Forschungsschwerpunkten an Fachhochschulen in Deutschland.

Forschungsthemen: Plasma und viel mehr

Führend ist die Fakultät Naturwissenschaften und Technik im Bereich Laser- und Plasmaforschung

Worum es geht: Erforscht und weiterentwickelt werden die  Anwendungspotentiale von Plasma – insbesondere Atmosphärendruckplasma –  in den Wachstumsbereichen Elektronik, Fahrzeug-, Maschinen- und Werkzeugbau, Energietechnik, Optikindustrie, Textil-, Umwelt-, Bio- und Medizintechnik. Hier können durch die Kombination der Laser- und Plasmatechnologie nachhaltige Innovationslösungen geschaffen werden.
Mit der Forschung an der kombinierten Technologie können Tore zu ökoeffizienten, integrativen und zukunftsträchtigen Lösungen geöffnet und wesentliche Beiträge zur Befriedigung des Zukunftsbedarfs an ressourcen- und umweltschonenden Verfahren und Produkten geleistet werden. Stichworte sind hier: Plasmakamm gegen Läuse oder die Wundbehandlung von Haut.

Präzisionsfertigungstechnik im Bereich der optischen Technologien

Worum es geht: Weiterentwicklung von Design, Schleif- und Poliertechnik, Zentrieren und Beschichten von Optiklinsen sowie die Montage und Qualitätssicherung

LED Messtechnik für den industriellen Einsatz

Worum es geht: Entwicklung und Realisierung von L3-Standards für Leuchtdichte, Lichtstrom und Lichtstärke mit Hochleistungs-LEDs

Hochaufgelöste Echtzeit-Thermografie an Elektroden von Lithium-Ionen-Zellen ("HoT")

Worum es geht: Ein Schlüsselelement zur Umgestaltung der Mobilität in Deutschland ist die Stromspeichertechnik. Favorisiert werden Lithium-Ionen-Zellen, die in puncto Energiegehalt, Ladungsausbeute und Zyklenstabilität konkurrierende Systeme übertreffen. Die Zellperformance unterliegt direkt Leistungsabfällen in Folge widerstandsbehafteter Elektrodenstrukturen. Dies schlägt sich in Form Joule'scher Wärmeentwicklung nieder - dem Forschungsgegenstand des Projekts „HoT“.

Untersuchung der Strömung in Radialgleitlagern und engen Spalten

Worum es geht: Hydrodynamisch geschmierte Radialgleitlager sind in vielen unterschiedlichen Anwendungen ein wichtiges Maschinenelement zur Lagerung von rotierenden Bauteilen. Das Ziel der Forschung ist die Weiterentwicklung und Präzisierung der bisher verwendeten Verfahren zur Untersuchung von lokalen Strömungsverhältnissen und deren Auswirkung auf Kavitationsentstehung in hydrodynamisch geschmierten Gleitlagern.