Prof. Dr. Wolfgang Rohe forscht zum Eichenprozessionsspinner

Publizierungsdatum: 20.05.2020

„Der Eichenprozessionsspinner, kurz EPS, ist seit letztem Jahr ein konkretes Forschungsthema an der HAWK, zuvor war er nur Thema in Vorlesungen, aber dann gab es einen Hilferuf aus der Praxis“, erzählt Prof. Dr. Wolfgang Rohe von der Fakultät Ressourcenmanagement in Göttingen. Seitdem hält die Fakultät die Tiere im ersten und zweiten Raupenstadium in einem Labor am Büsgenweg in Göttingen und konnte überraschende neue Erkenntnisse gewinnen, die in einer Fachpublikation im Mai veröffentlicht werden.

 


„In den Eichenwäldern rund um Rühen haben wir das derzeit größte Vorkommen des Eichenprozessionsspinners in Niedersachsen“, so Klaus Peter Deeken aus der Revierförsterei Danndorf bereits im Jahr 2018, „unsere Eichenwälder im Bereich Rühen, Giebel und Kaiserwinkel sind in den letzten Jahren mehrfach kahlgefressen worden. Viele Eichen sind durch diesen mehrfachen Kahlfraß abgestorben. Die Bevölkerung der angrenzenden Orte Rühen und Parsau leidet sehr unter dem EPS“. Auch in den Waldgebieten Barnbruch, Maaßel, Heinewedel und Eickhorst wurden Nester des EPS gesichtet.

 

 

Von dem Eichenprozessionsspinner gingen nicht nur forstwirtschaftliche Schäden aus, so Rohe. „Er hat auch gesundheitliche Auswirkungen, die sehr gefährlich sind, das geht von stark juckendem Hautausschlag bis hin zu temporären Erblindungen und allergischen Überreaktionen wie einem anaphylaktischen Schock“.

In diesem Jahr befürchtet Prof. Dr. Wolfgang Rohe, dass die Sorgen um die Corona-Virus-Pandemie die frühzeitigen Bekämpfungsmaßnahmen verdrängen und die jüngeren zwei Raupenstadien verpasst werden, in dem der Eichenprozessionsspinner noch nicht die gefährlichen Brennhaare entwickelt hat. „Hoffentlich verschlafen wir durch Corona nicht die Saison“, äußert er sorgenvoll, das hätte verheerende Folgen - auch finanzieller Art. „Je später eingegriffen wird, je teurer wird es“, so der HAWK-Experte.

„Ganz wichtig ist der richtige Zeitpunkt für die Bekämpfungsmaßnahme, durch Kälteeinbruch zum Beispiel können Maßnahmen nicht zu den inaktiven Tieren vordringen“. In den vergangenen Jahren haben chemische Bekämpfungsmaßnahmen auch mit dazu geführt, dass der Eichenprozessionsspinner sich weiter ausbreiten konnte. „Die Maßnahmen haben rund 80 Prozent der Eichenprozessionsspinnerpopulation abgetötet, aber dafür so gut wie alle seine natürlichen Feinde“. Auch der Klimawandel mit seinen milden Wintern mache es dem Tier deutlich einfacher.

Aus der Forschung heraus entwickelte die HAWK das EPS-Solve-Verfahren, das alle Raupenstadien umfasst. Im ersten und zweiten Raupenstadium kommt heißer Schaum zum Einsatz, im dritten und vierten, wenn der EPS Gespinstkotnester bildet gegen Prädatoren, wird auf ein Heißwasserinfiltrationsverfahren zurückgegriffen.

„Durch das Heißwasserinfiltrationsverfahren wird die Raupenseide in den Gespinstnestern denaturiert und dann koaguliert das Ganze. Dann sind die Raupen abgetötet und deren Brennhaare eingebunden, diesen Klumpen kann man dann relativ einfach entsorgen“, so Rohe.

Kohlmeisen, Raupenfliegen, Ameisen, Schlupfwespen sowie der kleine und der große Puppenkäfer, die wesentlichen Antagonisten des Eichenprozessionsspinners, brauchen Blühstreifen, diese sollten im Umkreis von 20 Metern um die Eichen herum angelegt werden, damit die Tiere frühzeitig den EPS zurückdrängen können. „Auslöschen ist nicht möglich“, so Rohe. Für die Kohlmeise könnten Schulklassen spezielle Nistkästen bauen, um ihr wieder in Eichennähe ein Zuhause zu bieten. „Wir müssen alle mitmachen“, sagt Rohe, Kommunen, Kirchen, Schulen, aber auch Privatleute sollten Blühstreifen anpflanzen, damit große Flächen zusammenkommen.