20 Jungen und 52 Mädchen erleben den Zukunftstag an der HAWK

Publizierungsdatum: 26.04.2018

„Es ist gut, wenn Mädchen und Jungen eine Chance haben, einmal heraus zu finden, was sie alles an beruflichen Möglichkeiten haben und zwar jenseits von Klischees,  Stereotypen und vielleicht auch von Druck aus der Gesellschaft“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte der HAWK Dr. Gesa C. Teichert.  Insgesamt 20 Jungen und 52 Mädchen lernten an der Hochschule für ihr Geschlecht untypische Berufe kennen an den Standorten Hildesheim und Göttingen. Am Zukunftstag bietet die HAWK männerdominierte Bereiche ausschließlich für Mädchen an und typische Frauenberufe öffnet sie nur für Jungen. 

„Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“,  so lautete das Angebot der Interaction Designer an der Fakultät Gestaltung der HAWK für den Zukunftstag. HAWK-Dozent Tobias Rosenberger und Madeline Ebeling zeigten 21 Mädchen wie sie am Computer eine virtuelle Welt erschaffen können. Im Anschluss konnten sie mit einer „Virtual Reality“-Brille ihre eigene Traumvilla erkunden.

 

  Was die einen in einer virtuellen Welt entwarfen, brachten die anderen Mädchen mit Bleistift und Lineal auf das Papier in der Modellwerkstatt. Helen Dettmer von der Robert Bosch Gesamtschule entwarf ihre eigene Berliner Stadtwohnung. Zuvor hielt HAWK-Dozent  Prof. Dr.-Ing. Till Boettger eine Kurzvorlesung im Hörsaal zum Wohnungsbau der 20er Jahre des Stadtplaners Bruno Taut. „Besonders schwierig ist es, den Grundriss zu entwerfen“, fand Helen Dettmer (11). Nach der Zeichnung folgte die konkrete Umsetzung in der Modellwerkstatt der Fakultät Bauen und Erhalten: Mit Schere und Klebstoff bauten die Mädchen daraus eine dreidimensionale Wohnung aus Pappe. Lilly Herrmann (12) von der Molitoris-Schule Harsum überarbeitete ihre Zeichnung während des Baus. „Das ist ein ganz normaler Prozess, dass sich die Idee im Laufe des Prozesses noch optimieren kann“, kommentierte Boettger die Neuerung. 

Währenddessen führte HAWK-Mitarbeiterin Dipl.-Ing. Claudia Schwindt mit einer Mädchengruppe im Labor für Siedlungswasserwirtschaft der Fakultät Bauen und Erhalten Versuche durch, um die Funktionsweise einer Kläranlage zu verdeutlichen. Antonia Pape (13) von der IGS Bad Salzdetfurth maß dazu die Leitfähigkeit von Wasser, während destilliertes Wasser keinen Strom leitet, liegt die Zahl bei regulärem Hildesheimer Leitungswasser bei 164,5 Mikrosiemens. Anna Friebe von der Albertus Magnus Schule bestimmte zeitgleich den pH-Wert von Essig mit dem Wert 2.  „In der Kläranlage muss man wissen, welcher Stoff das Wasser verunreinigt hat, um es wieder reinigen zu können“, stellte Schwindt den Bezug zu ihrer Profession her. Um ein Salzwasser-Gemisch abschließend von dem Glas mit Wasser unterscheiden zu können, überprüften die sechs Mädchen die Leitfähigkeit der Flüssigkeiten mit dem Messgerät und fanden heraus, dass Wasser mit Kochsalz die höchsten Werte erzeugt.

Malte Krankenhagen (13) von der Robert Bosch Gesamtschule „arbeitete“ in der HAWK-Krippe. Mit dem zweijährigen Carl und dem dreijährigen Fritzi teilte er gleich eine große Leidenschaft, das Bauen von extra hohen Türmen. „Für die Konfirmationsvorbereitung habe ich einen Nachmittag im Kindergarten von St. Lamberti hospitiert“, erzählte der 13-Jährige. Er könne sich gut vorstellen, Erzieher zu werden.  HAWK-Krippenleiterin Claudia Montag war begeistert über die männliche Unterstützung an der Tappenstraße.

Prof. Patrick Pütz von der Fakultät Gestaltung war vor allem über das große Interesse und das Vorwissen der 14 Jungen in seiner Gruppe beeindruckt. Nach einer Vorlesung zum Thema Innenarchitektur und Farbgestaltung ging es an den praktischen Teil: Die Jungen sollen ein Schlüsselbrett designen und fertig bauen. Im Farbdesign Studio und Labor bei Martin Brandes läuft dafür schon der Schneid- und Gravurlaser auf Hochtouren. Mit hoher Geschwindigkeit brennt er erst graphische Elemente in die Oberflächen ein. Danach setzt Brandes die Geschwindigkeit des Lasers herab - jetzt schneidet der Laser aus dem Holz die Umrisse von Star Wars Figuren, Logos von Comicfiguren wie Spiderman oder auch Anime-Wesen wie Pikachu, die die Jungen farblich gestalten  und als Zierelement für das Schlüsselboard nutzen.

 „Ich finde vor allem die großen Maschinen spannend“, sagt Mattes Meußling vom Gymnasium Großburgwedel. Der 13-Jährige möchte später etwas in der IT-Sicherheit arbeiten. Statt eines Schlüsselboards baut er sich deshalb lieber gleich ein „USB“-Board, wo er seine USB-Sticks gut an der Wand unterbringen kann. 

Göttingen

Was macht eigentlich eine Wirtschaftsingeneurin den ganzen Tag? Dieser Frage gingen 13 Mädchen an der Fakultät Ressourcenmanagement der HAWK am Standort Göttingen nach. Bei einem Wissensquiz über den Berufszweig konnten sie dann ihr Wissen testen. Höhepunkt des Tages: ein Wettrennen zwischen den selbst entworfenen Solarautos trotz regennasser Rennstrecke.

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Das Gleichstellungsbüro zum Zukunftstag

Übrigens versteht das Gleichstellungsbüro Geschlecht nicht als zwei lebenslang feststehende und einander ausschließende Kategorien: Frau versus Mann, Mädchen versus Junge. Geschlechtsidentitäten sind weitaus vielfältiger! Ein sowohl als auch, ein dazwischen oder ein weder noch, ist möglich, ebenso wie ein Wandel im Laufe des Lebens. Nicht alle Menschen verstehen sich ausschließlich und immer als Frau oder als Mann bzw. Mädchen oder Junge, sondern beispielsweise als trans*, inter*, genderqueer oder abinär.
Die Berufswelt ist allerdings weiterhin sehr stark an zwei Geschlechtern ausgerichtet. Daher geht es am Zukunftstag nach wie vor darum, dass junge Menschen Berufe kennen zu lernen, welche für die Geschlechtsgruppe, der sie sich zugehörig fühlen, noch immer untypisch sind.

Als Versuch, beide Perspektiven zu vereinen, hatte das Gleichstellungsbüro in den Hinweisen auf die Angebote folgende Formulierung gewählt: „Aus Sicht des Gleichstellungsbüros der HAWK reichen körperliche Merkmale nicht aus, um festzulegen, ob ein Kind ein Mädchen oder ein Junge ist. Daher laden wir zu Mädchenangeboten diejenigen Kinder ein, die sich selbst als Mädchen verstehen. Zu Jungenangeboten laden wir diejenigen Kinder ein, die sich selbst als Junge verstehen.“