In dem seminarbezogenen Projekt „Stärkenorientierte Stadtgeschichten“ haben Studierende des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit in Kooperation mit dem Roemer- und Pelizaeus-Museums und dem Film- und Fotoclub Hildesheim (FFC) eine Ausstellung mit acht Porträts engagierter Bürgerinnen und Bürger aus Hildesheim entwickelt.

Der Fokus der Porträts liegt auf der Wertschätzung individueller Stärken und Haltungen. 

Die Porträts geben persönliche Einblicke in das Leben von Hildesheimer*innen, die durch ihr Engagement in sozialen, nachbarschaftlichen und kulturellen Projekten die Stadt prägen. 
Am Projekt waren folgende Studierende beteiligt:
Adrian Bentz, Aleyna Yaman, Jana Krieger, Len, Lennart Stange, Leon Züchner, Levin Storch, Sara Jorgji und Stephanie Scholz.
 

Norbert

Norbert ist fast 70 Jahre alt und stammt aus Berlin. Bevor er nach Hildesheim zog, lebte er von 2015 bis 2019 er als Verbindungsbeamter in der Deutschen Botschaft in Ankara (Türkei). Seit 1969 engagiert er sich ehrenamtlich. Angefangen hat er im Jugendrotkreuz, später war er im Sanitätsdienst, Katastrophenschutz und in Auslandseinsätzen tätig, unter anderem in Marokko und in der Golfregion. Seine Abenteuerlust und Offenheit für neue Erfahrungen haben ihn stets angetrieben. 2015 legte er seine Ämter nieder und arbeitete in der Verwaltung in der Türkei. In Hildesheim wurde er Vormund für unbegleitete Flüchtlingskinder. 

 

Diese Aufgabe berührte ihn besondersund führte ihn zu UNICEF.
Beruflich war er Zollbeamter, davor Kfz-Mechaniker mit einer großen Begeisterung für Autos. Er engagierte sich gewerkschaftlich und setzte sich für die Ausbildung von Jugendlichen ein. Nach dem Mauerfall organisierte er die Lebensmittelversorgung für Geflüchtete. Seine Motivation im Ehrenamt: Menschen helfen und gleichzeitig selbst daran wachsen.

Stärken und Fähigkeiten
Norbert kann gut mit Menschen umgehen und Vertrauen aufbauen. Er ist belastbar, organisiert und übernimmt Verantwortung. Sein Engagement im Katastrophenschutz und alsZugführer eines ABC-Zugs hat ihn geprägt. Er hat ein Gespür für interkulturelle Verständigung und bringt viel Erfahrung aus verschiedenen Lebensbereichen mit. Besonders schätzt er es, wenn er durch sein Tun andere glücklich machen kann und selbst Erfüllung findet.

Botschaft
Für Norbert bedeutet Ehrenamt, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Wer hilft, bekommt auch etwas zurück, sei es Dankbarkeit, neue Perspektiven oder persönlicheEntwicklung. Besonders fasziniert ihn die internationale Arbeit des Roten Kreuzes. Er wünscht sich für die Zukunft mehr Menschlichkeit und gegenseitigen Respekt, sowohl im Kleinen als auch im Großen. Mitgefühl und soziale Verantwortung sollten wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.
 

Martina

Martina ist gebürtige Hildesheimerin und seit 25 Jahren ehrenamtlich im Tierschutz tätig. Mit 40 Jahren hat sie sich als Ausgleich zum Bürojob für das Ehrenamt entschieden, für das sie schließlich, 10 Jahre später, die Arbeit in der Verwaltung ganz niederlegt. Angefangen mit den klassischen Gassi-Runden, hat sie sich so nach und nach komplett dem Tierschutz verschrieben und ist inzwischen eine der vier Geschäftsführer*innen des Tierschutzvereins Hildesheim.
Im Tierschutz hat sie sich selbst und ihre Stärken erst richtig kennen und einsetzen gelernt. 

 

Obwohl ihre Liebe natürlich der Arbeit mit den Tieren gilt, hat sogar die Erfahrung in der Verwaltung, die ihr vorher lästig erschien, einen neuen Zweck bekommen und sich als praktische Ressource erwiesen. Ihre diplomatischen Fähigkeiten, ihre Aufmerksamkeit, ihr Mut, ihre Freundlichkeit und ihr Durchhaltevermögen auch in komplizierten Situationen haben ihr schon in so mancher Situation die Türen geöffnet und neue Wege ermöglicht. Martina hat im Tierschutz einen Sinn für ihr Leben gefunden und kann dabei endlich einfach sie selbst sein.
Stärken: Diplomatie, Freundlichkeit, Ausdauer
Ressourcen: Zeit, Lebenserfahrung, Familie, Selbstvertrauen, Mut, Neugier, Tierliebe
 

Projekt Vinzenzpforte - Raum für Begegnung und Austausch

Die Vinzenzpforte in Hildesheim ist ein Sozialcafé, das von der Vinzenzpforte Hildesheim organisiert wird. Seit dem Jahr 2003 ist sie ein Anlaufpunkt für Menschen in schwierigen Lebenslagen. Es handelt sich um ein soziales Projekt, welches insbesondere Obdachlose und Bedürftige unterstützt. Dabei bietet die Vinzenzpforte nicht nur eine warme Mahlzeit und Getränke, sondern auch einen Raum für Begegnungen und Austausch. Des Weiteren werden in der Vinzenzpforte Beratung und andere Formen der Unterstützung angeboten. In der Vinzenzpforte wird das Gemeinschaftsleben gestärkt und Menschen erfahren Wertschätzung, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft.

Ein besonderes Angebot der Vinzenzpforte sind die sozialen Stadtführungen.

 

Bei diesen Führungen zeigen Menschen mit Armutserfahrungen – häufig aktuelle oder ehemalige Obdachlose – den Teilnehmenden die Stadt aus ihrer Perspektive. Diese Stadtführungen bieten einzigartige Einblicke in das Leben auf der Straße und die Herausforderungen, denen sich obdachlose Menschen täglich stellen müssen. Gleichzeitig schaffen sie Bewusstsein für soziale Probleme in der Stadt und fördern den Austausch und das Verständnis zwischen verschiedenen sozialen Gruppen.
 

Sven

Seit September 2023 engagiert sich Sven bei der Vinzenzpforte. Er setzt sich für soziale Gerechtigkeit und eine sinnvolle Verteilung von Ressourcen für die gesamte Gesellschaft ein. Dabei verliert er nie den Fokus auf die Gesellschaft und die Politik. Mit seinem bodenständigen Charakter lehnt er jegliche Form von Hierarchie ab und schätzt die individuelle Freiheit, auch wenn das manchmal Herausforderungen mit sich bringt.

Er nutzt seine Achtsamkeit sowohl im Alltag als auch in seiner Tätigkeit in der sozialen Stadtführung, um Menschen Wertschätzung und neue Perspektiven näherzubringen. Gewalt ist in seinen Augen nutzlos und kontraproduktiv. Er plädiert dafür, die Nutzung von leerstehendem Wohnraum durch sinnvolle Anreize zu fördern. Die Wertschätzung alltäglicher Dinge ist ihm wichtig.

 

 Empowerment steht im Mittelpunkt seiner Arbeit bei der Vinzenzpforte, deren Ziel es ist, Menschen zu stärken und ihnen neue Wege aufzuzeigen. Sven findet Freude in seinem Engagement und bleibt motiviert, positive Veränderungen zu bewirken.
Svens Stärken liegen in der Kommunikation mit Menschen aus allen Lebensbereichen. Auch beweist er handwerkliches Geschick beim Reparieren von defekten oder ungenutzten Gegenständen. Er hat eine Leidenschaft fürs Fahrradfahren und engagiert sich in gesellschaftlichen Belangen. Vor allem hat er eine große Portion Humor, die bei all seinen Aktivitäten mitschwingt, auch wenn er diesen manchmal als unpassend wahrnimmt.

Botschaft:
Seid achtsam und versucht, positiv zu bleiben.
 

Schwester M. Hanna: Ein Leben für die Menschen und den Glauben

Seit über 25 Jahren gehört Schwester M. Hanna zu den Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul in Hildesheim. Ihr Leben und Wirken stehen ganz im Zeichen der Gemeinschaft, des Glaubens und der Nächstenliebe. Als Mitglied des Generalrats trägt sie Verantwortung für die Berufungspastoral, die Ausbildung und die Spiritualität der Gemeinschaft. Besonders wichtig ist ihr die geistliche Begleitung, bei der sie Menschen unterstützt, die auf der Suche nach Orientierung, Glauben und Sinn im Leben sind. Sei es durch persönliche Gespräche oder mehrtägige Exerzitien, eine geistliche Übung, die zu einer intensiven Besinnung und Begegnung mit Gott führt - Schwester Hanna bietet einen Raum der Reflexion und des geistlichen Wachstums.

Doch ihr Engagement reicht weit über die Klostermauern hinaus. 

 

Sie organisiert spirituelle Treffen für junge Ordensfrauen, kümmert sich um die Liturgie, also den Ablauf des Gottesdienstes, im Haus und begleitet Menschen auf ihrem Glaubensweg. Mit ihrer Gemeinschaft arbeitet sie an einem großen Inklusionsprojekt: Auf dem historischen Gut Steuerwald ist ein Ort im Entstehen, der Raum bietet für Begegnung, soziales Engagement inklusive Lebensfelder, ein Hospiz und vieles andere.

Trotz der Herausforderungen – insbesondere des fehlenden Nachwuchses in ihrer Gemeinschaft – bleibt Schwester Hanna optimistisch. Sie sieht ihre Aufgabe nicht nur darin, die Gemeinschaft zu bewahren, sondern deren Werte und Ideale weiterzugeben. Sie wünscht sich, dass der Geist des Heiligen Vinzenz von Paul und der Heiligen Luise von Marillac – die Barmherzigkeit und die Liebe zum Menschen – auch außerhalb der Ordensgemeinschaft fortlebt.

Ihr eigenes Leben beschreibt sie als einen Weg: mal steinig, mal sonnig, mit Höhen und Tiefen, aber immer mit einer klaren Richtung. Ihre Botschaft lautet: Offen sein für Menschen mit all ihren Menschlichkeiten, achtsam im Umgang miteinander und sich wirklich mit Themen auseinandersetzen – nicht nur oberflächlich über Social Media, sondern mit Herz und Verstand.
 

Projekt Stadtteilmütter - Beraten, Begleiten und Unterstützen

Das Projekt Stadtteilmütter und -väter existiert seit Mai 2017 und wird in Kooperation von den Trägern Asyl e.V. und dem AWO Kreisverband Hildesheim – Alfeld (Leine) in den Hildesheimer Stadtteilen Oststadt, Nordstadt, Drispenstedt, Fahrenheitgebiet und Stadtfeld sowie im PONTO Elternzentrum angeboten. Gefördert wird das Projekt vom Jobcenter der Stadt Hildesheim sowie dem Landkreis Hildesheim. Ziel des Projektes ist es, zugewanderte und sozial benachteiligte Familien bei der Integration und der gesellschaftlichen Teilhabe zu unterstützen. Die Stadtteilmütter beraten, begleiten und wirken als Kulturmittler:innen. Sie unterstützen in der Kommunikation mit Behörden und Institutionen und leisten wertvolle Netzwerkarbeit. Die Stadtteilmütter werden laufend in den Bereichen Bildung, Erziehung, Gesundheit und Gewaltprävention qualifiziert. 

 

Das Projekt Stadtteilmütter und -väter ist im Integrationsplan der Stadt Hildesheim verankert. Das Ponto Elternzentrum liegt in der Nordstadt in Hildesheim. In diesem Stadtteil gibt es viele soziale, kulturelle und religiöse Einrichtungen sowie Angebote für Bildung und Freizeit. Allerdings gibt es nur wenige öffentliche Plätze mit viel Grünfläche und hoher Aufenthaltsqualität. Die Nordstadt in Hildesheim hat die höchste Dichte an Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status.

Die Menschen, mit denen die Stadtteilmütter arbeiten, haben alle gewichtige Gründe, ihr Heimatland zu verlassen. Sie sind in der Regel mit vielen Problemen konfrontiert und müssen viele Herausforderungen bewältigen. Durch ihre Lebenserfahrungen und zum Teil Flucht- oder Migrationsgeschichten können die Stadtteilmütter Verständnis zeigen, aber auch Hoffnung geben, dass es Möglichkeiten und Unterstützung in Hildesheim gibt. Durch das Netzwerk der Stadtteilmütter können schnelle und unkomplizierte Hilfsangebote geschaffen werden. Gemeinsame Stärken der Stadtteilmütter sind Solidarität, Empathie und das Interesse an Menschen.
 

Hodan

Hodan kommt aus Somalia und arbeitet seit einigen Jahren im Projekt. Sie begleitet etwa 10 Familien bei Angelegenheiten wie Arztbesuche oder Behördengängen. Hodan spricht Englisch, Arabisch, Deutsch und Somalisch. Sie möchte viele Meschen kennenlernen und liebt ihre Arbeit. Tatendrang & Kommunikationsfreude zeichnen sie besonders aus. 
Botschaft: Wir können helfen!
 

Sylvia

Sylvia ist seit 2017 mit vollem Herzen beim Projekt dabei. Zu ihren Stärken & Fähigkeiten zählen: gut zuhören zu können und sich in andere Menschen hineinzuversetzen, Engagement und Zivilcourage. Eine besondere Fähigkeit von Sylvia ist es, Zwischentöne wahrzunehmen. Sie unterstützt gerne andere ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen und setzt sich für mehr soziale Gerechtigkeit ein.
Botschaft: Jeder Mensch sollte die Menschenrechte achten!
 

Maria

Maria kommt aus dem Iran und arbeitet seit 2,5 Jahren als Stadtteilmutter.
Sie hat im Iran Pädagogik studiert und viele Jahre in einem Kindergarten als Leitung gearbeitet. Neben ihrer Muttersprache (Persisch/Farsi) versteht und spricht sie Deutsch, aber auch Arabisch und Türkisch. Optimismus und Lebensfreude zeichnen sie aus. Die Arbeit im Projekt Stadtteilmütter unterstützt sie selbst dabei, Deutsch zu lernen. Die Teilnehmer:innen treffen andere Menschen, lernen und feiern zusammen. 
Botschaft: Gemeinsam ist es leichter!
 

Schansa

Schansa arbeitet seit 2019 als Stadtteilmutter im Projekt Stadtteileltern in Hildesheim. Sie ist verheiratet, hat vier Kinder und spricht neben ihrer Muttersprache Kurdisch auch Deutsch und Arabisch. Bevor sie ihre Tätigkeit als festangestellte Stadtteilmutter aufnahm, engagierte sie sich ehrenamtlich als Dolmetscherin im Kindergarten ihrer Kinder. Schansa ist im Jahr 1996 nach Deutschland gekommen und weiß, wie herausfordernd es ist, in einem fremden Land zu leben, ohne die Sprache zu beherrschen und ohne weitere unterstützende Netzwerke. Daher hat sie eine Maßnahme vom Jobcenter Hildesheim durchgeführt, die sie als Stadtmutter qualifiziert hat. 
Ihre Stärken liegen in der Unterstützung,

 

 beispielsweise das Dolmetschen in Gesundheitsdiensten oder im Bildungssystem. Darüber hinaus berät sie zu kulturellen Unterschieden und hilft sowohl Männern als auch Frauen in vielfältigen Anliegen. Für ihre Arbeit ist das Vertrauen der Menschen von entscheidender Bedeutung, da dieses Vertrauen es den Betroffenen ermöglicht, sich zu öffnen. Schansa empfindet Engagement und das Aufbringen von Geduld sowie das Vermitteln und die Aufklärung der deutschen Kultur als enorm wichtige Fähigkeit in ihrem Beruf. 
Botschaft: Die Arbeit der Stadtteileltern leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung sowie zur Unterstützung von Menschen. Es ist essentiell, aufeinander zu achten und Unterstützung anzubieten. Dafür setzen sich die Stadtteileltern ein. Schansa empfindet es für sehr wichtig, dass Vorurteile verringert oder auch abgebaut werden. Sie ist der Meinung, dass ein gemeinsames Miteinander, in dem sich alle gegenseitig unterstützen, der Gesellschaft guttut.
 

Fotos: Reinhard Pönopp, Film- und Fotoclub Hildesheim (FFC)

Eckdaten zum Projekt

Studiengang
B.A. Soziale Arbeit (Hildesheim)

Studienbereich 
Gesundheit und Soziales

Zeitraum 
Wintersemester 2024/25

Externe Beteiligung
Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim und Film- und Fotoclub Hildesheim (FFC)

Ziel 
Gesprächstechniken, die Konzeptionen von Interviews sowie unterschiedliche kreative Methoden erlernen und praktisch umsetzen

Die Ausstellung wurde im Rahmen des Moduls Handlungskonzepte und Strategien der Sozialen Arbeit konzipiert.