Erscheinungsdatum: 04.12.2006

Prof. Dr. Andreas Hinz aus Halle referiert bei der Reihe \\\"Hildesheimer Gespräche\\\" der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit

Prof. Dr. Andreas Hinz aus Halle referiert bei der Reihe "Hildesheimer Gespräche" der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit

„Eine inklusive Schule ist eine, diealle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrem Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung oder körperlichen Bedingungen willkommen heißt und sie individuell unterstützt.“ Mit dieser Erklärung führte Prof. Dr. Andreas Hinz von der Universität Halle in seinen Vortrag über die schulische Inklusion aller Kinder ein, den er an der HAWK, Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit vor vollem Saale hielt. Eingeladen hatten Verwaltungsprofessorin Dr. Gisela Hermes von der HAWK und Prof. Dr. Olga Graumann von der Universität Hildesheim.
Hinz machte bereits zu Anfang den Unterschied zwischen der herkömmlichen Sonderbeschulung und der Inklusion deutlich: Menschen mit Behinderung werden nach dem Inklusionsansatz als eine von vielen benachteiligten Minderheiten, wie z.B. Migranten, und nicht als „funktionsgemindernd“ oder defizitär gesehen. So wendet sich Inklusion logischerweise gegen alle Sonderstrukuren, die zur Ausgrenzung von Menschen beitragen.
Die bundesdeutsche Realität ist jedoch ernüchternd: Trotz vieler positiver Erfahrungen aus der Praxis und wissenschaftlicher Untersuchungen die die zahlreichen Vorteile der gemeinsamen Beschulung aufzeigen, werden behinderte Kinder in Deutschland noch immer vorwiegend in Sonderschulen unterrichtet. Bundesweit nehmen nur 13% aller behinderten Kinder und Jugendlichen am Regelunterricht teil. Hierbei handelt es sich vor allem um Kinder mit einer leichten Beeinträchtigung, die wenig Unterstützung benötigen. Der Inklusionsfachmann Hinz stellt fest: „Die Integration in Deutschland stagniert. Nirgendwo gibt es den bildungspolitischen Willen zu grundlegenden Veränderungen, die jedoch bitter nötig sind.“
Wer die Verwirklichung von schulischer Inklusion für eine unrealistische Utopie hält, wird beim Blick über den deutschen Tellerrand eines Besseren belehrt: Viele Länder haben die Inklusion aller Kinder mittlerweile zum Hauptanliegen ihrer Bildungspolitik gemacht. So wurden beispiels-weise in New Brunswick/Kanada Sonderschulen abgeschafft - heute besuchen dort alle Kinder eine Regelschule. Die Schulen verfügen über Ressourcen- und Methodenräume, in denen jedes Kind von Unterstützunglehrern die Hilfe erhalten kann, die es zum Lernen benötigt. In Südafrika dagegen ist Inklusion zwar noch nicht durchgängig verwirklicht, der Weg in diese Richtung wur-de jedoch bereits durch gesetzliche Regelungen eingeschlagen. Inklusion wird dort eng mit der Frage von Demokratie verknüpft, denn nur wenn die Schulen für alle Kinder, unabhängig von ihrer Hautfarbe und körperlichen Ausgangsbedingungen gleichermaßen offen seien, so der weit gereiste Wissenschaftler Hinz, können Gleichberechtigung und Demokratie langfristig verwirk-licht werden. Überall in der Welt geht die schulische Entwicklung in Richtung Inklusion, in Deutschland hingegen sind Veränderungen im schulischen Bereich nur sehr schwer durchzusetzen. Eltern, die ihr behindertes Kind in die Regelschule geben möchten, so machten viele der anwesenden Betroffenen in der lebhaften Diskussion deutlich, müssen zahlreiche Hürden beiseite räumen, zähe Kämpfe ausfechten und sich oft auch juristischen Beistand holen, um zum Ziel zu gelangen. Da die betroffenen Eltern nicht jahrelang auf schulpolitische Verbesserungen warten können, sondern zeitnahe Lösungen für ihr Kind benötigen, ermutigte der Inklusionsfor-scher diese: „Schließen Sie sich mit anderen ausgegrenzten Gruppen zusammen und machen Sie immer wieder Druck – nur dann verändert sich etwas!“

Verw.-Prof. Dr. Hermes, HAWK Hildesheim; Prof. Dr. Graumann, Universität Hildesheim; Prof. Dr. Verw.-Prof. Dr. Hermes, HAWK Hildesheim; Prof. Dr. Graumann, Universität Hildesheim;  Prof. Dr.