Ausstellung zum Konzept der „Caring City“ analysiert nördliche Innenstadt
Prof. Dr.-Ing. Ines Lüder, Professur für Städtebau, Regionales Bauen und Entwerfen, stellte das durch gleichstellungspolitische Mittel der HAWK geförderte Projekt am 19. Juni im Puls vor, gemeinsam mit Sarah Bauer und Anne Margarete Keiffenheim, Absolventinnen des Masterstudiengangs Architektur der TH Köln. Das Konzept der „Caring City“ bietet die Vision, Stadt zukunftsweisend, nachhaltig und (gender)gerecht zu entwickeln sowie inklusive und gemeinwohlorientierte Räume zu schaffen. Es stellt Lebensqualität und Alltagsgerechtigkeit in den Mittelpunkt und trägt Sorge für die Menschen und den Planeten.
Die Ausstellung „Wege zur Caring City“ zeigt die Arbeiten von 28 HAWK-Architekturstudierenden, die sich in Kleingruppen mit sieben Themen der „Caring City“ beschäftigten: Sorgetragen für den Menschen, Sorgetragen für und mit unserer Umwelt, Akteur*innen, Repräsentation, Teilhabe und Aneignung, Selbstbestimmung und Sicherheit. Mittels „kritischer Kartierungen“ analysierten sie zum Beispiel die Ausstattungen im Stadtraum, die Verteilung von Flächen und die Raumnutzungen von bestimmten Gruppen. „Ich habe mitgenommen, dass es kompliziert ist“, hebt Ines Lüder hervor: „Es gibt sehr viele unterschiedliche Ansprüche und dazu kommt, dass man wirklich viel miteinander kommunizieren muss.“ Es gehöre zur Stadtentwicklung dazu, Menschen zu beteiligen und die Themen zu diskutieren – um sich so nach und nach anzunähern und zu verbesserten Lösungen zu kommen. Durch „Go-Along-Interviews“ bezogen die Studierenden Perspektiven von Bewohner*innen ein. Es wurde untersucht, wie unterschiedliche Menschen die nördliche Innenstadt von Hildesheim wahrnehmen und gebrauchen und welche Bedarfe bestehen. Master-Architekturstudentin Lilli Hein schildert: „Wir haben uns sehr viel damit beschäftigt, was die Bedürfnisse von Menschen sind, wie sie sich quasi in der nördlichen Innenstadt in Hildesheim verteilen. Und festgestellt, dass allgemein in der nördlichen Innenstadt einiges an Angeboten fehlt, zum Beispiel Schattenplätze, Sitzmöglichkeiten und auch Spielmöglichkeiten, die sicher genug sind“. Auf ihrem Plakat hat sie sogar einen kleinen Comic integriert, der die Suche nach einer öffentlichen Toilette im Hauptbahnhof und Umgebung als szenische Geschichte lebensnah darstellt. Auch Visionen wurden entwickelt: Besonderen Anklang fand die Idee, Brandwände für künstlerische Portraits von bedeutenden Hildesheimer Frauen zu nutzen.
Die Ergebnisse diskutierten Ines Lüder, Sarah Bauer und Anne Keiffenheim mit den Master-Studierenden Johannes Bröder und Frini Peschke sowie mit den eingeladenen Gästen Prof. Henriette Bertram, Juniorprofessur Gender.Ing TU Braunschweig, Tobias Eckardt, Ortsbürgermeister Hildesheim Stadtmitte, und Anouchka Strunden, Urbanistin und Moderatorin aus Berlin. Tobias Eckardt sieht die Relevanz solcher Formate für die Stadtgesellschaft: „So eine Veranstaltung dient ja dazu, Debatten in dieser Gesellschaft anzufachen und viele Aspekte wie zum Beispiel Angsträume für bestimmte Personengruppen oder auch diese Barrierefreiheitsthemen, die hat jeder so ein bisschen auf dem Schirm, anzusprechen. Aber das nochmal wissenschaftlich aufgearbeitet dargestellt zu bekommen, hat einfach eine ganz andere Qualität“
Anouchka Strunden betont die Bedeutung der darstellenden Vermittlung und gesellschaftlicher Vielfalt: „Mal wieder habe ich gesehen, wie wichtig Visualisierung ist“, sagt sie und lobt die Studierenden für ihre Ergebnisse: „Ich glaube, dass sie ein wahnsinnig gutes Geschick darin haben, über Karten und Plakate zu zeigen, worum es in einer gerechten Gesellschaft geht und wie wir das verwirklichen können“. Sie ergänzt: „Ich glaube, es geht ja immer um die Wahrnehmung und wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist, je nachdem, wie wir in der Gesellschaft stehen, also wie alt wir sind, welche Hautfarbe wir haben, welches Geschlecht wir haben.“ Allen Teilnehmenden sei es wichtig, die Stadt zu einem Raum zu machen, in dem sich auch FLINTA-Personen überall sicher fühlen und den Menschen mit Einschränkungen barrierefrei nutzen können. Der zunehmenden Hitze in den Städten, die insbesondere älteren Menschen schadet, müsse durch nicht versiegelte, grüne Flächen entgegengewirkt werden. Städtebauliche Veränderungen führten aber auch immer zu kontroversen Diskussionen, berichtete Tobias Eckardt, zum Beispiel wenn durch das Aufstellen einer Bank Parkplätze wegfallen. Und ein weiteres Fazit zog die Diskussionsrunde: Bahnhofsareale seien häufig konfliktreiche Orte und man müsse Themen wie Drogen, Prostitution und Obdachlosigkeit adressieren, ohne allein auf Verdrängung zu setzen. Eine weitere Schwierigkeit auf dem Weg zur „Caring City“ thematisierten die Architektur-Studierenden: Die Vorstellungen von Auftraggebern seien manchmal andere. Daher ist es wichtig, auf unterschiedliche Bedarfe hinzuweisen und über nutzer*innenzentrierte Gestaltung immer wieder zu diskutieren.
Die Ausstellung „Wege zur Caring City“ ist bis zum 27.06.25 im Schaufenster des Puls, Angoulêmeplatz 2 in 31134 Hildesheim, zu sehen.
Siehe auch: Caring City im Quartier Speicherstrasse
Kontakt: Jessica Fink – Referentin für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit