Erster Fachtag an der HAWK informiert über Gesundheitsversorgung
„Die Idee ist aus einer Kooperation mit dem Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte hier in Hildesheim erwachsen“, sagt Dr. Bianka Wachtlin, Verwaltungsprofessorin im Studiengang ELP an der HAWK. Die Verbindung existiert seit zwei Jahren, es finden gemeinsame Projekte mit Studierenden statt, und auch mit Schüler*innen und Lehrer*innen als Teilnehmende.
Der erste Fachtag „Logopädie und Hören“ an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim markiert nun einen wichtigen Auftakt für eine vertieftere regionale Vernetzung und den fachlichen Austausch zum Thema Hörgesundheit. Zu Beginn begrüßten Prof. Sabine Dahm, Dekanin der Fakultät für Soziales und Gesundheit, Katharina Broermann, Stabsstelle Migration und Inklusion der Stadt Hildesheim, Beate Wüst, Direktorin des LBZH sowie Verw.-Prof. Dr. Bianka Wachtlin.
Rund 40 Teilnehmende aus unterschiedlichen Institutionen – von Gesundheitsamt, logopädischen Praxen über Sprachheilkindergärten bis hin zum Deutschen Schwerhörigenbund – folgten der Einladung an die HAWK, um sich über die Entwicklung, Versorgung und Prävention von Hörproblemen auszutauschen.
Das Ziel: Einen Rahmen schaffen, in dem sich Fachleute aus Medizin, Therapie, Pädagogik und Wissenschaft begegnen und voneinander lernen können.
Dass die Logopädie als Fachrichtung eng mit dem Thema Hören verknüpft ist, liegt für Wachtlin auf der Hand: „Logopädie hat verschiedene Handlungsfelder wie Diagnostik, Therapie, Beratung und Prävention. Und ins Handlungsfeld Prävention passt einfach auch der Hörnerv, das Hören, weil wir natürlich selbst als Profession hören müssen, um Sprach- oder Sprechstörungen oder Stimmstörungen zu erkennen.“ Die Bandbreite der Patientengruppen reiche dabei von Kindern bis zu älteren Erwachsenen, die im Laufe des Lebens sowohl angeborene als auch erworbene Hörschädigungen mitbringen können.
Inhaltlich war die Veranstaltung divers aufgestellt: Zum Auftakt sprach Dr. Martin Kinkel von der KIND GmbH in einem Impulsvortrag zur Hörentwicklung über die gesamte Lebensspanne. Im Fokus standen dabei sowohl Diagnostik als auch therapeutische und apparative Versorgung von Hörstörungen bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Vorstellung aktueller Leitlinien zur Versorgung von Menschen mit Hörschädigungen.
Prof. Dr. Burkhardt Schwab vom Helios Klinikum Hildesheim erläuterte die Empfehlungen der sogenannten CI-Leitlinie, die von Expertengremien entwickelt wurden.
Ergänzt wurden die Hauptvorträge durch Kurzpräsentationen von HAWK-Masterstudierenden, die eigene Ergebnisse einer Umfrage zur Hörgesundheit an der Hochschule vorstellten. Und auch das Thema Neugeborenen-Hörscreening wurde beleuchtet: Beate Wüst, Direktorin des LBZH, erläuterte erste Erkenntnisse zur Nachverfolgung aktueller Screening-Ergebnisse.
In der abschließenden Diskussionsrunde zeigte sich noch einmal, wie komplex die Versorgung von Menschen mit Hörschädigung ist – insbesondere für Eltern und Lehrkräfte.
„Die Fallstricke gerade bei den Eltern sind, dass die Versorgungswege sehr schwierig sind“, fasst Wachtlin deren Problemlage zusammen. Das fange mit langen Wartezeiten an, ehe man einen ärztlichen Termin bekomme, bis hin zu Arzt-Odysseen, um überhaupt eine Diagnose zu bekommen. Auch die anschließende Versorgung – von der Hörgeräteanpassung bis zur logopädischen Therapie – sei von langen Wartezeiten und bürokratischen Hürden geprägt.
Lehrkräfte mit eigener Höreinschränkung berichten von erschwerten Bedingungen im Regelschulbetrieb. Denn schallgedämmte oder mit Teppich ausgelegte Räume, wo das Verstehen ein ganz anderes ist und wo die Schulklassen dementsprechend kleiner seien, wären für diese Lehrenden ein besserer Arbeitsplatz.
Das Feedback der Teilnehmenden zum Fachtag ist durchweg positiv: „Es wurde sehr gelobt, dass es einen guten Austausch gab, die Diskussionen immer wieder entfacht wurden und dass es überhaupt für die Praktiker*innen noch einmal so eine Art Wiederholung von neu aufgefrischtem theoretischem Wissen war“, berichtet Wachtlin, die zuversichtlich für eine Neuauflage des Fachtages ist.
Auch die Einbindung der Studierenden sei als Bereicherung wahrgenommen worden. Die Ergebnisse ihrer Umfrage zur Hörgesundheit an der HAWK zeigten unter anderem, dass Lärmbelastung etwa in der Mensa und in Hörsälen ein Thema ist, das auch junge Menschen betrifft. „Wir wollen das Bewusstsein einfach schaffen, dass Hören gerade jetzt in dem jungen Studierendenalter unheimlich wichtig ist, weil wir sonst Gefahr laufen, dass durch Kopfhörer und laute Musik am Ende die Studierenden im ‚worst case‘ dann doch eine Höreinschränkung haben, auch wenn sie geringgradig ist“, warnt Wachtlin.
Für die Zukunft wünscht sie sich, das Thema weiter in die Hochschule und die betriebliche Gesundheitsförderung zu tragen: „Das wäre etwas, wo ich mir neben der Brandschutzordnung wünschen würde, dass wir das Thema Gesundheit und Hörgesundheit auch in die Fakultäten bringen.“