Das Glossar der Fachterminologie der Konservierung und Restaurierung EwaGlos ers

Erscheinungsdatum: 09.05.2019

Bei der Erhaltung des Kulturerbes weltweit existiert nichts Vergleichbares: eine Klärung von 200 Fachbegriffen durch Erläuterung und Illustration. Unter dem Titel EwaGlos: European Illustrated Glossary of Conservation Terms for Wall Paintings and Architectural Surfaces erscheint es seit dem Jahr 2015. Mit der persischen Übersetzung erweitert das Hornemann Institut das umfassende Nachschlagewerk jetzt um eine Sprache, die rund 110 Millionen Menschen sprechen. Damit steht es jetzt in insgesamt 15 Sprachfassungen bereit.

Die Praxis braucht es

Die Restaurierungswissenschaften besitzen bislang keine international einheitliche Fachterminologie. Das liegt unter anderem daran, dass es sich um eine vergleichsweise junge akademische Disziplin handelt. Aufgrund der Interdisziplinarität  speist sich das Vokabular der Restaurierungswissenschaften zudem aus verschiedensten Fächern der Geistes- und Naturwissenschaften und auch aus dem Handwerk. Der Bedarf ist aber in jedem Fall groß, denn die Mobilität von Restauratorinnen und Restauratoren und die Zahl europaweiter Ausschreibungen steigen stetig an. Gerade bei Wandmalereien und Architekturoberflächen, auf die sich das Glossar fokussiert, sind die Restauratorenteams bisweilen groß und immer internationaler besetzt.

 

70 Expertinnen und Experten aus zwölf Ländern definieren 200 Fachbegriffe
 
Deshalb entwickelte ein europäisches Konsortium aus sieben wissenschaftlichen Institutionen – unter Leitung der HAWK - unterstützt von assoziierten Partnern und externen Expertinnen und Experten – von Oktober 2013 bis September 2015 das ursprünglich elfsprachige, reich illustrierte Glossar EwaGlos: European Illustrated Glossary of Conservation Terms for Wall Paintings and Architectural Surfaces. Ganze 70 Expertinnen und Experten aus zwölf europäischen Ländern definierten hierbei im Rahmen eines von der EU mitfinanzierten Projekts 200 Fachbegriffe prägnant und illustrierten sie möglichst zweifelsfrei. Das Projekt konzentrierte sich auf Wandmalerei und Architekturoberfläche, da sich die Terminologie der unterschiedlichen Materialbereiche des Kulturerbes teils deutlich unterscheiden. Ende Oktober 2015 erschien das Glossar zuerst als Buch, inzwischen steht es kostenfrei zum Download auf der Projektwebsite www.ewaglos.eu zur Verfügung.

Weltweite Umfrage ermöglichte Partizipation anderer

Anschließend beschloss das Konsortium, durch eine weltweite Umfrage die Diskussion um eine einheitliche Terminologie zu öffnen. So identifizierte es die Bereiche, in denen es das Glossar verbessern konnte. Was sich im PDF-Format ändern ließ, beispielsweise Tipp- und Trennungsfehler oder passende Fotos, veröffentlichte das Team im Dezember 2016 als zweite überarbeitete digitale Auflage des Glossars auf der Projektwebsite. Andere Aspekte wie eine App für Smartphones und Tablets sollen in einem weiteren gemeinsamen Projekt folgen.

Nun folgen außereuropäische Sprachen
 
Auf der Basis der zweiten, überarbeiten Version entstanden inzwischen vier weitere Übersetzungen: Im Juni 2017 stellte eine Gruppe unter der Leitung von Professor Dr. Hussein Mohamed Ali,  Restaurierungs-Professor an der Minia University in Ägypten, eine arabische Version des Glossars fertig. Im Juli 2018 stand die Veröffentlichung der japanischen Übersetzung an, die Prof. Dr. Takeshi Ishizaki vom Institut für die Erhaltung von Kulturgut der Tohoku Universität für Kunst und Design, zusammen mit dreizehn Kolleginnen und Kollegen erarbeitet hat. Im Dezember 2018 folgte die russische Fassung, die die Initiatorin dieser Version, Prof. Dr. Yulia Griber, von der Staatlichen Universität Smolensk, zusammen mit sechs weiteren Kolleginnen und Kollegen erarbeitet hat.

Jetzt hat das Hornemann Institut die persische Übersetzung auf der Projekt Website veröffentlicht: Ass.- Prof. Dr. Mehdi Razani und Fatemeh Sehati M.Sc. von der Tabriz Islamic Art University in Teheran (Iran) hatten von dem Projekt gelesen und es aufgrund des enormen Bedarfes ins Persische übersetzt. „Solche Fachübersetzungen sind sehr schwierig und erfordern viel Zeit“, erläutert die Projektleiterin Dr. Angela Weyer vom Hornemann Institut der HAWK. „Unsere iranischen Kollegen mussten viele Begriffe umschreiben und gar neu erfinden, weil es sie auf Persisch nicht gibt. Oft sind die Bedeutungen der Begriffe in verschiedenen Sprachen auch nur ähnlich aber nicht deckungsgleich. Zudem sind regionale Traditionen zu achten. Aber der große Nutzerkreis der bisherigen Übersetzungen sowie das Interesse an weiteren Übersetzungen bestärken uns auf unserem Weg.“   

EwaGlos fördert Forschung und Lehre an der HAWK

Parallel zu der anwachsenden Zahl an Übersetzungen beeinflusst das Projekt auch nachhaltig die Forschung und Lehre an der HAWK:  Im August kommt ein Projektpartner einer rumänischen Hochschule für einen Workshop zur berühmten Byzantinischen Wandmalerei in Rumänien an die HAWK in Hildesheim.  Von November 2019 bis Januar 2020 wird die Übersetzerin der russischen Version, Prof. Dr. Yulia Griber von der Universität in Smolensk, mit einem Forschungsstipendium am Hornemann Institut der HAWK forschen. Mithilfe der Kolleginnen und Kollegen und der Dokumentationen über die Entwicklung der Begriffe wird sie sich mit der Restaurierungsgeschichte in Russland als Teil der europäischen Geschichte beschäftigen.

Das EU-Hochschulbüro Hannover/Hildesheim wird das EwaGlos im Rahmen des Europafestes am 11. Mai 2019 auf dem Opernplatz in Hannover auf einem interaktiven Poster präsentieren.

Das EU-Projekt 2013-2015 im Überblick

Zu den wichtigsten Aktivitäten während der 24-monatigen Laufzeit gehörten

  • die Terminologie unter den europäischen Spezialisten auf Englisch zu klären,
  • sie vom Englischen in die Muttersprachen der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu übersetzen. Das waren Bulgarisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Spanisch, Türkisch, Ungarisch.
  • mit Bildern und Skizzen zu veranschaulichen
  • und das Ergebnis weltweit kostenfrei zu veröffentlichen.

Der Koordinator des EU-Projekts war das Hornemann Institut der HAWK in Hildesheim (Dr. Angela Weyer, Dipl.-Rest. Sophie Haake-Harig, Dipl.-Rest. Barbara Hentschel M.A., Barbara Neubauer M.A., Valeria Corradetti, Karin Schinken M.A., Nadia Thalguter M.A.). Von der Fakultät Bauen und Erhalten beteiligte sich vor allem Prof. Dr. Dipl.-Rest. Ursula Schädler-Saub.


Co-Organisatoren waren:

  • ES - Universitat Politècnica de València (Prof. Dr. Pilar Roig Picazo)
  • RO - University of Art and Design, Cluj-Napoca (Prof. Dr. Daniel Pop, Dr. Adrian Rauca)
  • MT - University of Malta (Prof. Dr. JoAnn Cassar)
  • TR - Karabük Üniversitesi  (Prof. Dr. Aysun Özköse)

Assoziierte Partnerinnen und Partner:

  • BG - National Academy of Arts, Department of Conservation, Sofia (Assoc. Prof. Stefan Belishki)
  • DE - Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (Dr. Dipl.-Rest. Dörthe Jakobs)
  • DE - Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (Prof. Dipl.-Rest. Roland Lenz)
  • IT - Opificio delle Pietre Dure e Laboratori di Restauro della Fortezza da Basso di Firenze, Italy (Mariarosa Lanfranchi)

Externe Expertinnen und Experten:

  • DE - Axel Ermert, CEN (European Committee for Standardization)
  • DE - Prof. Adrian Heritage M.A. Dipl. Cons. ACR
  • P - Dr. Ewa Święcka
  • RO - Dr. Márta Guttmann

Die Verbreitung der Projektergebnisse wurde unterstützt von international agierenden Institutionen
 

  • ECCO (European Confederation of Conservator-Restorers' Organisations)
  • ICCROM (International Centre for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property), Rom
  • Arbeitsgruppe "Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und  Architekturoberfläche" des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege)
  • IIC (International Institute for Conservation of Historic and Artistic Work), London
  • WTA (Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege), München