Architekturstudierende planen ein sozio-ökologisches Zentrum in Lüchow

Erscheinungsdatum: 06.09.2021

„Nachhaltigkeit“ – für die Mitglieder und Unterstützer*innen des gemeinnützigen Vereins EinsWeiter e.V. im südlichen Wendland ist dieser Begriff nicht nur ein Bekenntnis zu mehr Verantwortung gegenüber Natur und Umwelt. Sie möchten in ihrem Umfeld etwas im positiven Sinne bewegen. So entstand bereits vor Jahren die Idee zu einem sozio-ökologischen Zentrum: ein Haus als Treffpunkt für Menschen gleich welchen Alters, welcher Herkunft oder welcher Beeinträchtigungen, in dem nachhaltiges (Zusammen-)Leben beispielhaft aufgezeigt, erlernt, erprobt und erfahren werden kann.

Mit dem Modul „Projekt Nachhaltiges Bauen“ im Masterstudiengang Architektur bot sich nun die Gelegenheit, die Vorstellung von einem natur- und umweltverträglichen Gemeinschaftshaus für Alle in eine konkrete Gebäudeplanung zu übertragen.

 

Als Grundstück stand ein freies Gelände in den Naulitzer Wiesen am Rande der Stadt Lüchow zur Verfügung, das auch fußläufig und mit dem Fahrrad vom nahegelegenen Stadtzentrum gut zu erreichen ist. Das Raumprogramm sah unter anderem einen flexibel nutzbaren Veranstaltungsbereich mit angelagertem Café, Verkaufsräume für nachhaltig hergestellte Produkte, Werkstätten, Seminarräume, eine Kindertagespflege und inklusive Wohngemeinschaften vor. In der Entwurfs- und Konstruktionsplanung wurde von den Studierenden unter anderem ein umfassendes Energie- und Nachhaltigkeitskonzept gefordert, das unter anderem einen Plusenergiestandard für das Gebäude sowie gesunde und recyclingfähige Baustoffe und Bauteile umfassen sollte. Berechnungen und Bilanzierungen, zum Beispiel zur Ökobilanz und zu den Lebenszykluskosten, ergänzten den Leistungskatalog.

Prof. Dr. Alfred Breukelman als Modulverantwortlicher sowie Prof. Dr. Meike Deck, Prof. Matthias Pätzold, Hartmut Windels und Christoph Lutter-Mosebach, Architekt aus dem Wendland und mit der Situation vor Ort bestens vertraut, unterstützten die Gruppen – coronabedingt meist online. Die verschiedenen Wünsche und Erwartungen des Vereins zu erfüllen und dabei die Grundsätze des nachhaltigen Bauens umzusetzen, stellte eine echte Herausforderung bei der Bearbeitung dar. Die Vertreter*innen von EinsWeiter zeigten sich bei der abschließenden Präsentation der Ergebnisse überrascht von der Vielfalt der Lösungsansätze und der Intensität der Durcharbeitung.

Julia Brandstätter, Lennart Wulf und Dennis Szabo beziehen sich in ihrem Entwurf mit der Neuinterpretation einer Scheune auf eine ortstypische Bauform und bilden ein Ensemble aus drei Gebäuden mit unterschiedlichen Nutzungen und klaren Innen- und Außenraumbezügen. Ihr Energie- und Nachhaltigkeitskonzept ist geprägt durch einen Lowtech-Ansatz mit einfachen, natürlichen Methoden der Klimaregelung und Verwendung regenerativer, dauerhafter Baustoffe. Ein hohes Maß an Nutzungsflexibilität in Verbindung mit einer robusten Tragkonstruktion lässt eine lange Lebensdauer des Gebäudes erwarten.

Ina Bever, Farina Boeck und Paula Eckermann wählen zwei zueinander verdrehte Baukörper, die sich in ihrer Lage und Form zum Stadtzentrum und zur Naturlandschaft öffnen, vorhandene Wegebeziehungen aufnehmen und einen innenliegenden Hof umschließen, der als Treffpunkt für vielfältige Nutzungen zur Verfügung steht. Im Fokus des Energie- und Nachhaltigkeitskonzepts steht vor allem die Optimierung der passiven Energieversorgung und natürlichen Belichtung und Belüftung. Demzufolge kommt der Gebäudehülle mit gestalterisch prägenden Lamellen als baulicher Sonnenschutz zur Vermeidung sommerlicher Überhitzung eine besondere Bedeutung zu.

Franziska Dressler, Lea Telkämper und Kaja Lamping beziehen sich in ihrem Entwurf auf die Maßstäblichkeit des Ortes und bilden einen überwiegend eingeschossigen Baukörper aus einzelnen, langgestreckten Gebäudeeinheiten aus, die auf die jeweilige Nutzung und die Außenräume reagieren. Tragsystem und Gebäudestruktur lassen eine Umnutzungsfähigkeit und Mehrfachnutzung zu. Das angemessene und mit einfachen Mitteln wirkungsvolle Energie- und Nachhaltigkeitskonzept ist in vielen Punkten erlebbar, zum Beispiel hinsichtlich der offenen Wasserführung an der Fassade.

Michelle Bähre, Hema Mohammed und Leah Rühle entschieden sich für einen U-förmigen Baukörper, der mit seiner offenen Seite und einem begrünten Innenhof den Naturraum einfängt und zur Stadt eine Raumkante bildet. Dominiert wird der Entwurf durch eine umlaufende Grünfassade im Obergeschoss, die im Innenhof von einer Holzfassade abgelöst wird. Die Grünfassade bildet einen wirkungsvollen Witterungsschutz, verbessert das Mikroklima und prägt identitätsstiftend das Erscheinungsbild. Die in der Konstruktion des Gebäudes verwendeten Baustoffe erfüllen weitestgehend die Anforderungen an die Kreislaufgerechtigkeit (cradle to cradle).

 

Kontakt

Profilbild Alfred Breukelman
Baukonstruktion, Fenster und Fassade, Energieeffizientes Bauen
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