HAWK-Forschungsprojekt JADE: Auftaktveranstaltung mit tiefer Vernetzung

Publizierungsdatum: 02.03.2017

Für Menschen mit Schwerbehinderung ist es nach wie vor nicht einfach auf dem Arbeitsmarkt: Nach dem REHADAT-Statistikportal des Instituts für Wirtschaft e.V. liegt die Arbeitslosenquote von Schwerbehinderten bei 13,4 Prozent - und damit deutlich über der von nichtschwerbehinderten Menschen mit ca. 6,4 Prozent. Ein Instrument, den Arbeitsplatz von Menschen mit Schwerbehinderung zu erhalten, ist Jobcoaching. Hierbei helfen externe Jobcoaches, den Arbeitnehmer/innen und das Unternehmen bei Problemen am Arbeitsplatz zu beraten und in der Zusammenarbeit zu unterstützen.

Die praktische Umsetzung dieses Instruments ist in Deutschland sehr unterschiedlich. Aus wissenschaftlicher Forschungssicht ist Jobcoaching als Arbeitsplatz sichernde Maßnahme  bisher noch fast gar nicht untersucht. Hier setzt das HAWK-Projekt JADE (Jobcoaching zur Arbeitsplatzsicherung Definieren und Evaluieren) an.  Das Team um Prof. Dr. Ulrike Marotzki von der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit an der HAWK, hierzu gehören Dorothea Harth und Reinhard Hötten,  erforscht in dem auf drei Jahre geplanten JADE-Projekt die Praxis von Jobcoaching.

 

In späteren Schritten werden aus den gewonnenen Erkenntnissen Handlungsempfehlungen für beteiligte Institutionen entwickelt. Befragt werden sollen im ersten Schritt alle Integrationsämter in Deutschland und ein großer Anteil an Integrationsfachdiensten sowie Jobcoaches. Hinzu kommt auch der Aufbau einer Jobcoaching-Adressdatenbank.

Ein wichtiger Aspekt des JADE-Projekts, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichfonds gefördert wird,  ist die Zusammenarbeit mit einem Beirat. Diese Kooperation mit Expert/inne/en aus der Jobcoaching-Praxis soll dazu dienen, die gewonnenen Ergebnisse zu reflektieren und auch Hinweise für die nächsten Schritte zu liefern. Hinzu kommen regelmäßige Treffen mit den Projektbeteiligten sowie drei überregionale Fachtagungen.

Zur Auftakt-Fachtagung kamen rund sechzig Teilnehmer/innen aus Wissenschaft und Praxis nach Hildesheim. Sie berieten in Workshops und auch untereinander zu Fragen des Jobcoachings als arbeitsplatzunterstützende Maßnahme.

Der Begriff des Jobcoachings sei sehr vielfältig, sagte Professor Dr. Ulrike Marotzki in ihrem Eröffnungsvortrag: „Es gibt viele Begriffe, die ein ähnliches Tun beschreiben. Wir haben auch Angebote, die sich Jobcoaching nennen, aber völlig unterschiedlich aussehen. Somit liegt gleich der erste  Punkt auf dem Tisch: Was ist überhaupt Jobcoaching?“

Die Auftakt-Veranstaltung diene auch dazu, das Forschungsprojekt mehr in der Öffentlichkeit bekanntzumachen, so Reinhard Hötten, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im JADE-Projekt: „Es geht auch um die Fragen: Wie laufen die Coaching-Prozesse ab und wer ist beteiligt? Welches Verständnis von Jobcoaching besteht im Raum?  Und welche Fragen sind noch an die Forschung zu stellen?“ Die Studie habe grundlegend einen partizipativen Charakter mit einer Rückbindung durch die Teilnehmer/innen, die die Ergebnisse später nutzen. Letztlich könnten die Ergebnisse auch weitergefasst interessant sein, wenn man auf andere Zielgruppen schaue. „Es geht eigentlich immer um Personen, bei denen die Integration in den Betrieb nicht von alleine funktioniert“, so Hötten weiter:  „Das können Menschen mit Behinderungen oder mit mehreren Vermittlungshemmnissen sein.“

Brigitte Pothmer, Bundestagsabgeordnete und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünenfraktion,  hatte sich genau zu der breiteren  Anwendbarkeit der Ergebnisse während der Tagungsdiskussion erkundigt: „Ich schaue mir zunehmend an, was wir für Erfahrungen im Behindertenbereich gemacht haben,  die wir übertragen können insbesondere für die Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen, die zu wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir Jobcoaches auch über den Behindertenbereich hinaus für diese Menschen einsetzen.“

Dass die HAWK die Förderung für dieses wichtige Forschungsprojekt erhalten hat, darüber freut sich Bernd Westphal, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Bundestagsauschuss für Wirtschaft und Energie: „Es wäre schön, wenn wir es schaffen würden, eine hohe Qualität der Arbeit der Jobcoaches zu etablieren, ein Instrument der Personalentwicklung in den Betrieben fest zu verankern und so einen wichtigen Beitrag zu leisten, was Integration und auch Inklusion angeht.“  

Klaus-Peter Rohde, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Integrationsbegleitung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, berichtete in seinem Referat über die bisherigen Erfahrungen der Integrationsämter mit Jobcoaching und auch die sehr unterschiedliche Durchführungspraxis.  „Die Schere geht hier sehr weit auseinander“, erklärte Rohde. Aus Sicht der Integrationsämter wünsche er  sich mehr Unterstützung bei der Schärfung des Instrumentes Jobcoaching, dieses vom Profil her deutlicher zu machen  und so für die Kunden hochwertiger zu gestalten: „Wir hoffen, dass auch andere erkennen:  Jobcoaching gehört in den Standardinstrumentenkoffer aller Leistungsträger.“

Die Idee des Jobcoachings müsse neben der breiten auch in der betrieblichen Öffentlichkeit noch bekannter gemacht werden, meint Jörg Bungart, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Unterstützte Beschäftigung (BAG UB): „Wichtig ist es auch, dass Jobcoaches eine gute und spezielle Ausbildung mit den verschiedenen Bausteinen brauchen, die im Jobcoaching enthalten sind.“ 

Professorin Dr. Ulrike Marotzki bewertete die erste Tagung am Ende als sehr erfolgreich, vor allem die Workshops hätten den Forschungsgegenstand noch einmal anschaulicher erscheinen lassen: „Hier war es wichtig, dass wir Teilnehmer mit unterschiedlichen Erfahrungen mit Jobcoaching dabei hatten. Die Teilnehmerhaben sehr motiviert mitgearbeitet  und wir konnten dadurch auch Anregungen für den weiteren Forschungsprozess mitnehmen.“