Projektverantwortliche
Prof. Dr. Thorsten Gaertig
Dr. Katharina Weltecke
Finanzierung
DBU - Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Förderkennzeichen
39417/01-25
Projektkosten
290.007,00 €
Dauer
01.03.2025 bis 01.03.2028

OptUrBaum – Optimierung urbaner Baumstandorte

1. Kurzbeschreibung

Stadtbäume tragen wesentlich zur Lebensqualität in urbanen Räumen bei, sind jedoch häufig ungünstigen Bedingungen wie Bodenverdichtung und Wassermangel ausgesetzt. Ihre Lebenserwartung und Vitalität sind daher in der Stadt deutlich reduziert. Ein entscheidender Faktor für ihre Vitalität ist die Bodenbeschaffenheit.

Das Forschungsprojekt „OptUrBaum“ verfolgt das Ziel, die Bodenbedingungen für Stadtbäume nachhaltig zu verbessern, um deren Vitalität und Lebensdauer zu erhöhen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Weiterentwicklung der Bodensanierung mit Druckluftlanzen sowie die Optimierung von Baumsubstraten mit Pflanzenkohle, insbesondere im Hinblick auf Wasserspeicherung und Kapillarwirkung.

 

Aufbauend auf den Ergebnissen des Projektes SanUrBaum  werden Untersuchungen zur Druckluftlanzensanierung mit neuen Varianten durchgeführt. Darüber hinaus ist die Entwicklung einer digitalen Plattform geplant, die den Erfahrungsaustausch zwischen den Anwendern zum Einsatz der Druckluftlanze ermöglicht und langfristige Auswirkungen dokumentiert. Zur Optimierung von Baumsubstraten werden Labor- und Feldstudien hinsichtlich der Wasserspeicherfähigkeit und dem kapillaren Aufstieg durchgeführt.

Ziel ist es, durch die Entwicklung standardisierter Verfahren bei der Druckluftlanzensanierung und die gezielte Anpassung der Substratmischungen die Widerstandsfähigkeit von Stadtbäumen gegenüber den Herausforderungen des urbaner Lebensräume zu erhöhen. Das Projekt leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und Förderung grüner, lebenswerter Städte.

2. Hintergrund

Stadtbäume erhöhen die Lebensqualität von Menschen: Sie kühlen durch Beschattung und Verdunstung, schützen vor Immissionen und haben einen positiven Effekt auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Der Wert dieser Leistungen wird nicht zuletzt an den Grundstückspreisen für Quartiere mit hohen Stadtbaumanteilen sichtbar. Während das urbane Umfeld von Bäumen profitiert, leiden diese im Regelfall an den urbanen Standortsbedingungen. Die Lebenserwartung von Bäumen in der Stadt ist nur halb so hoch wie an ihren natürlichen Standorten. Bei Straßenbäumen liegt diese lediglich bei 25 % der potenziellen Altersspanne (Roloff 2013).

Ein entscheidender Faktor für die Vitalität von Bäumen ist die Beschaffenheit des Bodens. Der Boden ist ein geeigneter Wurzelraum, wenn er die Wurzeln gleichzeitig mit Wasser, Nährstoffen und Sauerstoff versorgt, produziertes CO2 entsorgt und ihnen darüber hinaus die Möglichkeit der Verankerung gibt.

 

Der Wurzelraum der Stadtbäume ist zu überwiegenden Teilen versiegelt oder verdichtet. Dadurch gelangt weniger Niederschlagswasser in den Boden und weniger Wasser kann pflanzenverfügbar gehalten werden. Außerdem ist der Gasaustausch zwischen Boden und Atmosphäre gestört oder unterbrochen. Vitalitätsverluste der betroffenen Bäume und verfrühtes Absterben sind häufig zu beobachtende Folgen. Verschärft wird die Situation durch den urbanen Wärmeinseleffekt und die Folgen des Klimawandels. Dadurch sind Stadtbäume zunehmend extremen Temperaturen ausgesetzt und Niederschläge bleiben aus oder kommen in Form von Starkregenereignissen herab, wovon Bäume kaum profitieren können.

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ansätze, um nachhaltig die Bodenfunktion als Baumstandort in urbanen Quartieren zu sichern:

Sanierung von Bodenschadverdichtung

Hierbei wird die Struktur des Bodens durch verschiedene Verfahren aufgelockert. Ein Verfahren ist die Sanierung mittels Druckluftlanzen. Dabei wird mithilfe einer Lanze Luft in den Boden gepresst. Durch den Druckluftstrom wird der verdichtete Boden aufgebrochen. Studien aus dem DBU-Forschungsprojekt SanUrBaum haben gezeigt, dass durch dieses Verfahren auf Sand- und Schluffböden der Porenanteil im Boden erhöht werden konnte (Abb. 1). Allerdings fehlen Standards für dieses Verfahren, die sicherstellen, dass unter verschiedenen Bodenbedingungen jeweils das bestmögliche Sanierungsergebnis erreicht wird. Derzeit wird die konkrete Einstellung der einzelnen Variablen bei der Sanierung wie Belüftungstiefe, Abstand der Belüftungslöcher oder verwendeter Druck den Anwendern überlassen. Dadurch variiert die Art der Durchführung und damit der Erfolg der Sanierung erheblich (Löwe et al. 2023).

Abbildung 1: Hebung der Oberfläche (oben) und geschaffenes Porenvolumen (unten) mit Abstand zum Belüftungsloch in Abhängigkeit der Bodenart (Grafik: Oliver Löwe).

Ein weiteres aus der Praxis und Forschung der Land- und Forstwirtschaft bekanntes Verfahren zur Sanierung von Bodenschadverdichtung ist der Einsatz von tief- und intensiv wurzelnden Pflanzen (Bell 2019; Meyer et al. 2014; Emanuel 1977). In dem Forschungsprojekt SanUrBaum konnte in der zweijährigen Versuchszeit kein Nachweis erbracht werden, dass durch eine spezielle Pflanzenmischung verdichtete Böden aufgelockert werden können. Allerdings gab es im geringem Umfang Wurzelfunde der krautigen Pflanzen im verdichteten Unterboden. Eine Hypothese ist somit, dass durch eine längere Versuchslaufzeit die Bodenstruktur durch diese Pflanzen nachhaltig verbessert wird (Weltecke et al. 2023). Eine weitere Hypothese ist, dass durch eine Kombination der Druckluftlanzensanierung und der Phytomelioration die Bodenstruktur intensiver und nachhaltiger gelockert werden kann als bei dem isolierten Einsatz eines der beiden Verfahren.

Abbildung 2: Versuchsfläche aus dem Projekt SanUrBaum zur Sanierung von Bodenschadverdichtung mittels tief- und intensiv wurzelnder Pflanzen (Foto: Katharina Weltecke).

Einsatz von Baumsubstraten

Baumsubstrate sind hohlraumreiche, mineralische Substrate mit einem hohen Sand- und Kiesanteil. Sie werden in erster Linie bei Baumpflanzungen auf Standorten eingesetzt, wo der Boden als ungeeignet für Wurzeln eingestuft wird (FLL 2015, 2010) (Abbildung 3). Weitere Anwendung finden Baumsubstrate außerdem bei der Sanierung von Standorten mit einem etablierten, aber unter mangelnder Vitalität leidendem Baumbestand. Hier wird der durchwurzelbare Raum durch flächigen, graben-förmigen oder punktuellen Bodenaustausch erweitert (FLL 2019).

Baumsubstrate sind in erster Linie auf die Optimierung der Bodenbelüftung ausgelegt, um auch bei starker Nutzungsintensität den Gasaustausch zwischen Boden und Atmosphäre zu gewährleisten. Dies geht im Regelfall zu Lasten der Wasserspeicherkapazität. Um die von den Regelwerken geforderte Wasserspeicherkapazität zu gewährleisten, muss auf hohlraumreiches Stützgranulat, wie z. B. Lava, Bims oder Ziegel zurückgegriffen werden. Diese Ressourcen sind endlich und nicht immer regional verfügbar.

 

In den letzten Jahren widmen sich daher Forschungsprojekte und Praxistests verstärkt der Optimierung von Baumstandorten durch Pflanzenkohle. So fügen z. B. die Städte Stockholm (Schweden) und Graz (Österreich) dem Baumsubstrat erhebliche Mengen aktivierter Pflanzenkohle bei. Bisherige Erfahrungen konnten eine positive Entwicklung der Bäume feststellen (Alvem et al. 2023; Stoisser 2023). Die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Pflanzenkohle können je nach Ausgangsprodukt, Herstellungsverfahren und Korngröße sehr unterschiedlich sein (Schaffert et al. 2022). Bislang ist noch unklar, in welchen Beimengungen, Korngrößen und Qualitäten Pflanzenkohle ihre optimale Wirkung zeigt.

Abbildung 3: Herstellung einer Pflanzgrube auf einem Schulhof mit Baumsubstrat (Foto: T. Gaertig).

3. Ziele des Projektes

Im Projekt SanUrBaum zeigte sich die Druckluftlanzensanierung in der aktuellen Anwendung als wenig effektiv und nachhaltig. Aktuell gibt es aber keine Alternative für eine tiefenwirksame Bodensanierungen im Wurzelraum von Bäumen. Ziel soll es sein, die aktuellen Erkenntnisse in einer Arbeitsanweisung zusammenzufassen und weiter zu optimieren.

Ziele des Forschungsprojektes „OptUrBaum“ sind daher:

  • Festsetzung von Standards bei der Anwendung von Druckluftlanzen zur Sanierung von Bodenschadverdichtung
  • Mit Blick auf die Klimafolgen: Optimierung von Baumsubstraten durch den Einsatz von Pflanzenkohle.

4. Methodik und Vorgehensweise

4.1. Sanierung von Bodenschadverdichtung

Basierend auf den Erkenntnissen des Projektes SanUrBaum zur Sanierung von Bodenschadverdichtung mittels Druckluftlanzen und einer Standortanalyse werden verschiedene Varianten erarbeitet und durchgeführt. Dabei werden Parameter wie Belüftungstiefe, Druckintensität, Bodenfeuchte und Kombinationen mit und ohne Pflanzen in verschiedenen Variationen getestet.

Die Evaluierung des Sanierungserfolgs erfolgt durch wiederholte Laserscans der Bodenoberfläche sowie Messungen zur Bodenaktivität wie Durchwurzelung, Regenwurmdichte, CO-Konzentration im Boden und Respirationsrate.

 

Zusätzlich soll eine digitale Plattform entwickelt werden, die der Ergänzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch die Erfahrungen der Anwender sowie dem Erfahrungsaustausch dient. Basierend auf den Erkenntnissen sollen abschließend Handlungsempfehlungen zur Sanierung von Bodenschadverdichtung mittels Druckluftlanzen formuliert werden.

4.2. Optimierung von Baumsubstraten

Bei dem Teilprojekt „Optimierung von Baumsubstraten“ wird ein experimenteller Ansatz verfolgt, der sowohl Labor- als auch Feldstudien umfasst. Zunächst wird die Eignung verschiedener Verfahren zur Messung der nutzbaren Wasserspeicherkapazität von Baumsubstraten untersucht. Mit einem geeigneten Verfahren wird anschließend die nutzbare Wasserspeicherkapazität verschiedener Substrate mit und ohne Pflanzenkohle gemessen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung des kapillaren Aufstiegs in Baumsubstraten. Hierzu werden verschiedene Substratmischungen, einschließlich Varianten mit Pflanzenkohle, in KG-Rohre gefüllt und der kapillare Aufstieg mittels Feuchtesensoren gemessen.

Basierend auf den Erkenntnissen aus diesen Untersuchungen erfolgt eine Optimierung der Baumsubstrate in Bezug auf Wasserspeicherkapazität und kapillaren Aufstieg. Schließlich werden die im Labor gewonnenen Ergebnisse mit Feldmessungen abgeglichen, um die Praxistauglichkeit der optimierten Substrate unter realen Standortbedingungen zu überprüfen. Ein Augenmerk liegt dabei insbesondere auf dem Einfluss von Bewässerungsmaßnahmen und die im Winter aufgefüllte Wasserspeicherkapazität.

5. Quellenverweise