Verkehrsexperte legt Sicherheitseinschätzung vor / Oberhausen zieht nach

Erscheinungsdatum: 08.05.2015

Das Testergebnis liegt vor. Es ist grundpositiv, versehen mit ein paar Anregungen: StreetPong, das weltweit erste Ampel-Spiel, ist im Dauerbetrieb besonders für  eine Ampel mit gleichmäßig vielen Fußgängern von beiden Seiten geeignet und das Spiel sollte ein paar Sekunden früher enden – bevor die Grünphase einsetzt. Das sind zwei Beispiele der Überlegungen, die sich für Verkehrsplaner Dr. Daniel Seebo vom bundesweit renommierten Ingenieurbüro SHP Ingenieure aus Hannover aus der StreetPong-Testphase Ende 2014 ergeben.

Verkehrsbeobachtung
HAWK-Studierende des Fachgebiets Verkehrswesen der Fakultät Bauen und Erhalten hatten unter der Leitung von Dipl.-Ing. Anja Markwart eine engmaschige Verkehrsbeobachtung samt Videoaufzeichnung durchgeführt. Ziel war, die Wirkung des Spiels auf den Verkehr und den Verkehrsablauf für alle Verkehrsarten zu beurteilen.

 

Schließlich gibt es für eine Weltneuheit keine Erfahrungswerte in Sachen Sicherheit. Die Ergebnisse hat SHP Ingenieure jetzt im Auftrag der HAWK ausgewertet und eine Sicherheitseinschätzung vorgelegt.

Manchmal fehlt ein Gegner
Wenn es nach 84 Prozent der befragten Hildesheimer StreetPong-Spielerinnen und -Spielern geht, dann sollten noch mehr Ampeln mit dem sogenannten Actiwait ausgestattet werden. Dabei spielen zwei Spieler in der Rotphase mit dem Finger auf dem jeweiligen  Display im Ampeltaster den Spieleklassiker  „Pong“. 20 Prozent der Befragten können sich das Spiel besser an Hauptknotenpunkten vorstellen. Denn, so haben auch die Beobachtungen gezeigt, manchmal fehlt ein Gegner oder eine Gegnerin auf der anderen Straßenseite und dann kann nicht gespielt werden. Stehen an einer Seite mehrere, ist die Verlockung groß, dass jemand bei Rot über die Straße geht, um als Gegner gegenüber einzuspringen.

Oberhausen zieht nach
Vier Wochen lang und weit darüber hinaus hatte die Weltpremiere des Ampelspiels StreetPong international für Aufsehen gesorgt und Hildesheim in Atem gehalten. Mit Unterstützung der HAWK und der Stadt Hildesheim  lief der Prototyp der Erfindung von den beiden HAWK-Studierenden Amelie Künzler und Sandro Engel an einer Ampel am Goschentor im Testbetrieb. Interessenten aus der ganzen Welt hatten sich bei den Jungunternehmern von Urban Invention gemeldet. Unterdessen ist denn auch die erste Mini-Serie der Erfindung produziert –  und verkauft. „ Wir waren überwältigt von dem Feedback und dem medialen Interesse, das wir bekommen haben. Nun wollen wir weitere Städte vom ActiWait begeistern.“ Die erste steht schon fest: Voraussichtlich noch im Mai wird die Stadt Oberhausen eine große Kreuzung mit Streetpong ausstatten.

Krankenwagenbesatzung spielt
Insgesamt bescheinigt Verkehrsexperte Seebo: „Die Beobachtungen zeigen, dass es ganz überwiegend nicht zu problematischen Situationen durch das Spiel StreetPong kam. Auch ein Gerangel von Schülern sei zu keiner Zeit beobachten worden. In einem Fall sei es zu „Beeinträchtigungen des Radverkehrs durch eine große Zahl von Zuschauern gekommen“,  was möglicherweise mit dem medialen Interesse für das Projekt zusammenhing.  In einem anderen Fall habe ein Krankenwagen mit Warnblinkanlage am Fahrbahnrand gehalten und „die Insassen spielten das Spiel“.

Ein paar Sekunden Pause
Zwei weitere Aspekte stellte Seebo außerdem vor: „Das Spiel sollte nicht in der Nähe von Haltestellen installiert werden.“ Wenn der gegenüberstehende Spieler den Bus erwischen will, rennt er möglicherweise spontan bei Rot über die Straße. Außerdem: Es sollten ein paar Sekunden zwischen Spielende und Grün liegen, um den Spieler oder die Spielerin rechtzeitig „in die Realität zurückzuholen und eine ausreichende Verkehrsbeobachtung zu ermöglichen“.

Beitrag zur Sicherheit
Amelie Künzler und Sandro Engel sind „überglücklich, dass die Testphase von StreetPong so erfolgreich war. Wir konnten den Menschen an einem ungewöhnlichen Ort ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Begegnungen im öffentlichen Raum erzeugen. Gleichzeitig konnten wir zeigen, dass der ActiWait einen positiven Beitrag zur Sicherheit leisten kann, denn durch den netten Zeitvertreib hielten wesentlich mehr Fußgänger bei Rot an und brachten sich somit nicht in Gefahr. Wir sind dankbar,  hier die Möglichkeit bekommen zu haben, diese Innovation zu testen. Durch die Beobachtungen und das Feedback konnten wir bereits weitere Verbesserungen vornehmen. Beispielsweise werden zukünftige ‚Apps‘ auf dem ActiWait auch benutzbar sein, wenn nur auf einer Seite Personen warten.“

Verschiedene Disziplinen - ein Ziel
HAWK-Präsidentin Prof. Dr. Christiane Dienel aus Sicht der Hochschule: „Wir zeigen mit StreetPong, was eine wirklich praxisorientierte Hochschule ist: In einer Lehrveranstaltung haben Studierende eine überraschende Idee. Damit sie an den Start kommt, ziehen Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen gemeinsam mit ihnen an einem Strang. Hier sind es Digitale Medien, Gründung, Verkehrswesen, Pressestelle und nicht zuletzt die Hochschulleitung selbst – in Kooperation mit der Stadt.  Und das Ergebnis gibt uns Recht.“

Besondere Herausforderung
Das sieht auch Hildesheims Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer so: „Über StreetPong hat unsere Stadt international ein positives Medienecho erfahren. Für uns war das Projekt hinsichtlich der Verkehrssicherheit mangels bisher vorliegender Erfahrungswerte durchaus eine besondere Herausforderung, die wir durch diverse begleitende Maßnahmen und Vorkehrungen bewältigen konnten. Umso erfreulicher ist es, dass die Installation des weltweit ersten Prototyps in Hildesheim ein voller Erfolg war. Wir wünschen den Studierenden, dass sich viele Städte unserem Beispiel anschließen und StreetPong auch zu einem geschäftlichen Erfolg wird!“